gewaltarbeiter

 

 

 

 

 

 

wir lieben es, wenn es aufgeräumt ist. die forstindustrie kam, sah und fällte als da eine menge entscheidungen und – nicht zuletzt: sie schaffte wieder ordnung im wald. wo vorgestern noch wild die bäume sprossen, liegen sie nun fein säuberlich aufgereiht am lebensrand. wie ist das mit all den jahren, an deren ende die menschen sagen: oh schon wieder weihnachten, oh schon wieder ein jahr vorbei, die zeit sie rast, eben noch war es fünf vor zwölf, jetzt sind die kinder schon achtundreißig? ist es nicht so, dass wir ein jahr um so länger empfinden, je mehr darin unvorhergesehene und überhaupt bisher ungesehene dinge passiert sind? dort was spannendes, hier was neues? und dass wir nicht einfach nur von black friday zu black friday leben? von einer serie zur nächsten, von einem samstag auf den anderen? urlaub und wochenende als die einzigen höhenpunkte? und dass unser garten voll ist mit wucherndem material, so dass wir kaum durchkommen und wir ihn deshalb als groß und ausufernd empfinden, wo wie wir die fläche des nun ordentlich abgeholzten waldes plötzlich als überraschend klein und überschaubar sehen? c’est la vie, werden die einen sagen. und die anderen wahrscheinlich auch.
und dass sich alle so auf die neuwahlen für den bundestag freuen, als hätte es die letzten landtagswahlergebnisse nicht gegeben. olaf scholz wird von der breiten masse als der schlechteste bundeskanzler der schlechtesten bundesregierung seit menschen gedenken wahrgenommen. und er kandidiert erneut, als wäre das eine auszeichnung, die hoffnung und mut macht auf und für  die zukunft. die spd findet das gut, wen gäbe es auch sonst, der freiwillig den kopf hinhielte, oder sogar noch besser: ideen und charisma versprühte? robert habeck ditissimo. fehlt nur noch, dass sich auch lindner für die fdp als kanzlerkandidat*in aufstellen ließe. ja, warum denn auch nicht? weltbester finanzinister ever, zumindest in der selbsteinschätzung. schätze ich denn jetzt mal einfach so fremd. nicht, dass ich die meinung über olaf scholz etc.  so pauschal teilen würde. aber: welche selbstwahrnehmung steckt hinter scholz und habeck etc.? wie weit weg sind sie von den sorgen, die die sogenannten „menschen im lande“ umtreiben. und das ist das daran eigentlich beunruhigende. keine erkenntnis, kein innehalten, keine selbstkritik, kein zeichen, eine idee zu haben, einfach ein weiter so. vielleicht ein bisschen anders, aber im grunde unverändert. und dann wundert man sich, dass afd und bsw zulegen. und wer will schon einen merz oder söder? und die neuwahl ist die große hoffnung? mir bibbert’s und schaudert’s. und wir können wahrscheinlich froh sein, wenn es für eine große koalition reichen sollte.
die selbstdarstellung von robert habeck im wahlkampf, der ja schließlich auch mal philosoph gelernt hat, erscheint mir dabei so wichtig wie der wahlkampf der grauen panther, falls es die überhaupt noch geben sollte. gewaltarbeiter im wald. gewaltwirte aller orten.

die schöne müller*in (in der fassung des neuen jahrbuchs)

das was ihn am meisten interessiert ist sein müll. (ist dir eigentlich
aufgefallen, dass kafka bei seinen relativsätzen nie ein komma setzt?)
müll gehört in die tonnen. Tonnen gehören versteckt oder, wenn
es dann an der zeit ist, sichtbar an den straßenrand. Das unsichtbare sichtbar machen, das war paul klees inzwischen etwas abgelutschte definition von künstlerischem tun. Das unsichtbare sichtbar machen, wenn es an der zeit ist, wenn klar ist: heute kommen die müllwerker*innen. Nein: morgen kommen die müllwerker*innen.
Das hat sich so eingebürgert bei uns in der straße: morgen ist restmüll, gelbe tonne, biomüll oder sogar papier, dann stehen bereits am
vorabend die mülltonnen am wegesrand. Stille zeugen der entsorgungsmentalität. Stille zeugen, die trotzdem beredt darüber auskunft geben, dass sich allem ordnungsgemäß entledigt wird. Bei manchen reicht inzwischen sogar der vorabend kaum noch aus. Es sollte gesetze geben, dass vor 16 uhr am vortag des entsorgungsgeschehens keine tonnen am wegesrand … Ich habe übrigens eure mülltonne rausgestellt: sie war voll. Merkwürdige interessen: früher hatten wir eine nachbarin, rentnerin, am stock mühsam gehend, die sich jeden tag in der frühe auf die reise zu ihrer neben dem haus geparkten mülltonne machte, um, mit ebendiesem stock, das innewohnende material ebendieser tonne ordnungsgemäß zu verdichten. Eine poetin von fülle und leere, von fülle und abfuhr, von etwas und nichts.
Sorge und entsorge. Ora et labora. Das leben als eine abfolge von
dingen, die es zu erledigen gilt. Man sollte auch unbedingt nochmal
über die anale phase nachdenken. (zu meiner kindheit gab es bei
uns im ort tatsächlich eine müllhalde. Im ort ist falsch: am rande
des ortes. Dort lagerte und verrottete alles. Man konnte es sehen
und riechen. Haben wir in den 70ern weniger müll gemacht? Kaum
vorstellbar.) Mehr als 40 gramm zucker pro tag sind ungesund – und
kommas sind kein müll. Nur ein schriftsteller der seine relativsätze
ordnungsgemäß mit kommata versieht ist ein guter schriftsteller. Die
dinge sichtbar machen und dann ganz ganz schnell wieder vergessen. Ma il treno dei desideri, nei miei pensieri all‘incontrario va.
21.8.24 ergänzung:
wir stellen unsere tonne jetzt azyklisch raus. dienstags früh, wenn
übernächste woche der papiermüll kommt. dinge sichtbar machen, die zwecklos sind.

15. november, morgens, auf dem weg zum zug:

ein kleiner gefüllter gelber sack

achtlos an der hauswand

halb sieben, dunkel

keine gedanken

kein schützendes dach aus sonne

an den vollmond von gestern abend

erinnert sich auch keiner mehr

zeichnungen von unterwegs

 

in köln gibt es eine kleine abordung meiner burbach-aquarelle, die dort schon einige jahre wohnen dürfen. anfangs hatten wir noch überlegt, welche rähmchen am besten passen könnten, um sie dann erstmal an maulklammern an die wand zu bringen. so hängen sie dort noch immer, halten parziellen abstand zur wand und üben sich in objekthaftigkeit. mi piace. eine kleine notiz von dienstagabend.

zeichnungen von unterwegs

aus einem meiner lieblingsmuseen, der kolumba in köln: jahresausstellung „artist at work“. hier allerdings im großen saal ganz oben ganz weit hinten: „mütter mit kindern“.

sehr schön aber auch georg herold. ach ja, stimmen aus der vergangenheit. molto importante.

gesang V

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

zu gesang II