monochrom, korporell

20-09
Wenn jemand deinen Körper dem ersten besten, der dir begegnet, überantworten würde, dann würdest du dich empören. Du aber überlässt dein Herz jedem Beliebigen, so dass es, wenn dich jemand beschimpft, aufgeregt und aus der Fassung gebracht wird – solltest du dich dessen nicht schämen?

monochrom, wortreich garkeinwasser

19-09
Den Willen der Natur kann man an den Dingen erkennen, über die keine Meinungsverschiedenheit unter uns herrscht.
Wenn zum Beispiel der Diener eines anderen ein Trinkglas zerbricht, so sagst du gleich zu dessen Entschuldigung: das kann vorkommen. Merke dir also: Wenn bei dir zuhause etwas zerschlagen wird, so musst du dich ebenso verhalten wie damals, als es bei dem anderen geschah. Diese Regel kannst du auch auf wichtigere Vorkommnisse übertragen.
Stirbt zum Beispiel ein Kind oder das Weib eines anderen, dann gibt es gewiss keinen, der nicht sagt: das ist Menschenlos. Wenn aber jemandem sein eigenes Kind stirbt, dann klagt er sogleich: Weh mir, ich Unglücklicher!
Wir sollten aber bedenken, was wir empfinden, wenn wir bei einem andern von solch einem Fall hören.

So wenig wie ein Ziel aufgestellt wird, damit man es verfehle, so wenig hat das Übel von Natur einen Platz in der Welt.

monoton, chromatisch

17-09
Es ist dir jemand vorgezogen worden, bei einem Gastmahl oder einer Begrüßung, oder du bist nicht zu einer Beratung hinzugezogen worden. Ist dies etwas Gutes, dann sollst du dich darüber freuen, dass es jenem zuteil geworden; ist es aber ein Nachteil, dann ärgere dich nicht darüber, dass es dich nicht getroffen hat.
Bedenke doch, dass du nicht dieselbe Behandlung beanspruchen kannst, wenn du nicht dasselbe tust wie sie, um etwas zu erreichen, was nicht in unserer Gewalt steht. Denn wie kann einer, der sich nicht oft in den Vorzimmern der Großen aufhält, das gleiche erreichen wie einer, der dies tut? oder einer, der sich nicht in dem Gefolge eines Mächtigen sehen lässt und ihn nicht lobt, dasselbe erreichen wie einer, der dies tut? Du bist ungerecht und unersättlich, wenn du umsonst das haben willst, ohne den Preis zu zahlen, um den jene Dinge zu kaufen sind. Was kostet zum Beispiel doch der Salat? Einen Obolos, wollen wir einmal annehmen. Wenn nun jemand einen Obolos hinlegt und Salat dafür erhält, du aber nichts zahlst und nichts erhältst, so glaubst du doch nicht, im Nachteil zu sein gegenüber dem, der Salat erhalten hat? Denn wie jener den Salat hat, hast du noch den Obolos, den du nicht ausgegeben hast. Genau derselbe Fall ist auch hier.
Du hast keine Einladung zum Essen erhalten? Du hast auch dem Gastgeber den Preis nicht gezahlt, um den er sein Mahl gibt; um Lob, um Aufmerksamkeiten ist es zu haben. Wenn du glaubst, dass es dir Nutzen bringt, nun so bezahle die Kosten, um die es zu haben ist. Willst du diese nicht tragen und doch jenes haben, dann bist du ebenso unverschämt wie einfältig.
Hast du an Stelle der Einladung nichts zum Ersatz? Du hast jetzt das Bewusstsein, den nicht gelobt zu haben, den du nicht hast loben wollen, und hast dich nicht an seiner Tür herumdrücken brauchen.

monochrom, fiebrig

16-09
15-09
Gedanken wie die folgenden dürfen dich nicht quälen: ich werde unberühmt mein Leben verbringen und nirgends etwas etwas gelten. Kann denn Mangel an äußeren Ehren ein Übel sein, da du doch durch einen Fremden ebensowenig ins Unglück wie in Schande gestürzt werden kannst? Hängt es etwa von dir ab, zu einem Amte zu kommen oder zur Tafel zugezogen zu werden? Durchaus nicht! Wie kann das also Unehre für dich sein? wie kannst du ein „Niemand“ sein, so du nur auf dem Gebiet, das in deiner MAcht steht, etwa bedeuten sollst; und da kannst du der BEdeutendste sein.
„Aber du hast Freunde und kannst ihnen nicht helfen?“
Ja, was nennst du denn helfen? Sie werden kein Geld von dir bekommen, du wirst ihnen nicht das römische Bürgerrecht verschaffen können. Wer hat dir denn gesagt, dass dies in deiner Macht steht und nicht anderer Leute Sache ist? Wer kann einem anderen geben, was er selbst nicht hat?
„Dann erwirb, damit auch wir etwas bekommen können.“
Gut, wenn ich mir Erwerb verschaffen kann, ohne mein gewissenhaftes, redliches, hochstrebendes Wesen einzubüßen, dann zeige mir nur den Weg, und ich will es tun. Wenn ihr aber verlangt, dass ich meine eigenen Güter aufgeben soll, damit ihr nur zu den Gütern kommt, die gar keine sind, so seht ihr doch selbst ein, wie ungerecht und unverantwortlich ihr seid.
Was wollt ihr übrigens lieber: Geld oder einen treuen, ehrlichen Freund? Trag also lieber dazu bei, dass du ein solcher bist, und verlange nicht von mir, dass ich etwas tun soll, wodurch ich gerade diese EIgenschaften verliere.
„Aber das Vaterland wird von mir keinen Nutzen haben.“
Wieder muss ich fragen: Was für einen Nutzen denn? Säulenhallen und Bäder wird es freilich nicht von dir bekommen. Aber was tut das? Es bekommt ja auch vom Schmiede keine Schuhe und vom Schuster keine Waffen! Es ist genug, wenn jeder seine Stelle ausfüllt. Wenn du nun aus einem andern Menschen einen zuverlässigen und redlichen Bürger machst, trägst du da nichts zum Nutzen des Vaterlandes bei? „Doch.“ Also dürftest auch du dem Vaterlandes nicht ohne Nutzen sein.
„Welche Stellung soll ich denn im Staatsleben einnehmen?“
Diejenige, die du ausfüllen und bei der du zugleich ein rechtschaffener und sittsamer Mensch bleiben kannst. Wenn du aber dem Vaterlande nützen willst und diese Eigenschaften verlierst, was kannst du ihm da noch nützen, wenn du nicht mehr Treu und Glauben verdienst?

monochrom

14-09-10
Wisse: wenn es dir einmal widerfährt, in den Strudel der Außenwelt gezogen zu werden, so dass du einem andern gefallen willst, dann bist du von deinen Grundsätzen abgefallen.
Es muss dir deshalb in allen Verhältnissen genügen, ein Philosoph zu sein. Willst du außerdem als solcher angesehen werden, so sieh dich selbst als solchen an und sei zufrieden.

monochrom, ,,

13-09
Wenn du nach Weisheit strebst, so mache dich von vornherein darauf gefasst, dass man dich verlachen wird, dass dich viele verspotten und sagen werden: Der ist plötzlich als Philosoph wiedergekommen und: Wie kommt es, dass er auf einmal die Brauen so hoch zieht?
Lass nur die ernste Miene beiseite, aber an das, was dir das Beste zu sein scheint, halte dich, als seiest du von Gott auf diesen Posten gestellt.
Bedenke: wenn du auf diesem Posten ausharrst, dann werden dich diejenigen später bewundern, die dich vorher verlacht haben.
Fügst du dich ihnen aber, dann werden sie doppelt über dich lachen.

monochrom, different/indifferent

12-09
11-09
Du kannst als unbesiegbar dastehen, wenn du dich in keinen Kampf einlässt, in dem der Sieg nicht von dir abhängt.
Wenn du jemanden siehst, der hochgeehrt, sehr mächtig oder sonst irgendwie groß dasteht, so lass dich nicht etwa von dem Schein hinreissen, ihn glücklich zu preisen. Denn wenn das Wesen des Guten in dem beruht, was in unserer Macht liegt, dann ist hier weder Neid noch Eifersucht angebracht; du selbst willst doch weder Feldherr noch Ratsherr oder Konsul sein, sondern frei.
Dazu aber führt nur ein Weg: Verachtung alles dessen, was nicht in unserer Macht steht.

Bedenke, dass dich nicht der verletzt, der dich beschimpft oder schlägt, sondern nur deine Meinung, dass jener dich verletzt. Wenn dich niemand reizt, so wisse, dass es nur deine Auffassung von der Sache ist, die dich gereizt hat. Deshalb strebe vor allem danach, dich nicht von deiner falschen Vorstellung fortreissen zu lassen. Hast du einmal Zeit zur Überlegung gewonnen, dann wirst du leichter deiner Herr werden.

Tod, Verbannung, überhaupt alles, was allgemein für schrecklich gilt, halte dir täglich vor Augen, vor allem aber den Tod! Dann wirst du niemals etwas Niedriges denken oder übermäßig nach etwas begehren.

monochrom, hellblaugrau

10-09
Wenn der Rabe krächzend Unheil verkündet, so darf dich die Vorstellung nicht hinreißen, sondern mache dir sogleich klar: solche Prophezeiungen gelten nicht mir, höchstens meinem Körper, meinem bisschen Habe oder meinem äußeren Ansehen, meinen Kindern oder meinem Weibe. Wenn ich es will, wird mir nur Glück verkündet.
Was auch von den Prophezeiungen eintreffen mag, an mir liegt es ja, davon Segen zu haben.

monochrom, plural II

09-09

08-09
Du musst dich im Leben benehmen wie bei einem Gastmahl: es wird herumgereicht, die Schüssel kommt an dich: du langst zu und nimmst dir bescheiden; die Schüssel wird weitergetragen: halte sie nicht zurück; ist sie noch nicht zu dir gekommen, so richte dein Verlangen nicht weiter darauf, sondern warte, bis die Reihe an dich kommt.
So denke auch über Kinder, Weib, äußere Stellung und Reichtum, dann wirst du ein würdiger Tischgenosse der Götter sein.
Wenn du aber gar von dem nicht nimmst, was dir vorgesetzt wird, sondern es vorbeigehen lässt, dann wirst du nicht bloß mit den Göttern am Tische sitzen, sondern sogar mit ihnen herrschen. So machten es Diogenes, Herakles und ihresgleichen, und deshalb wurden sie mit Recht göttlich genannt.

Wenn du jemanden trauern siehst, weil sein Kind weit fort ist oder weil er sein Vermögen verloren hat, so gib acht, dass dich nicht die Vorstellung fortreisst, als sei jener infolge der äußeren Dinge im Unglück, sondern halte dir sofort gegenwärtig, dass jenen nicht das Geschehene schmerzt, denn einen anderen würde das ja nicht betrüben, sondern nur seine Auffassung von dem Geschehenen. Solange es noch mit Worten geht, magst du ihm sein Leid tragen helfen und vielleicht auch mit ihm seufzen; nur hüte dich, auch innerlich zu seufzen.
Betrachte dich als einen Schauspieler in einem Drama: die Rolle gibt dir der Dichter, du musst sie spielen, ob sie kurz oder lang ist. Will er, dass du einen Bettler darstellen sollst, so musst du auch diese Rolle gut spielen, auch wenn du einen Krüppel, einen Fürsten oder einen gewöhnlichen Menschen darstellen sollst.
Deine Sache ist es nur, die dir gegebene Rolle gut zu spielen; sie auszuwählen ist Sache eines anderen.

monochrom, chrau

07-09
Ein Herr des anderen ist also, der die Macht hat, das, was der andere will oder nicht will, ihm zu geben oder zu nehmen.
Wer also frei sein will, der darf nicht etwas erstreben oder vermeiden wollen, was in der Macht eines anderen steht. Sonst wird er unweigerlich dessen Sklave.

monochrom, hellblau

05-09
Willst du Fortschritte machen, so musst du es ertragen können, wenn man dich wegen deines äußeren Verhaltens für närrisch und einfältig hält. Wolle auch nicht den Anschein erwecken, als verständest du etwas, und wenn andere es von dir glauben, misstraue dir selbst.
Denn wisse: es ist nicht leicht, seine Seelenverfassung so zu erhalten, wie die Natur es verlangt, und zugleich die äußeren Verhältnisse zu berücksichtigen, sondern es gibt nur ein Entweder-Oder: wer das eine bekümmert, der muss das andere vernachlässigen.

monochrom, Samstag II

04-09
Wenn du Fortschritte machen willst, so musst du Gedanken wie die folgenden abwerfen: wenn ich mich nicht um mein Vermögen kümmere, so werde ich nichts zu essen haben, oder: wenn ich meinen Diener nicht strafe, so wird er ein Taugenichts, denn es ist besser, Hungers zu sterben, aber ohne Furcht und Sorge gelebt zu haben, als in Überfluss und steter Aufregung zu leben; es ist besser, dass dein Diener ein Taugenichts, als dass du selber unglücklich wirst.
Darum musst du schon mit geringfügigen Dingen anfangen: wird dir ein bisschen Öl vergossen oder der letzte Rest Wein gestohlen, so sage dir: dafür kauft man Gleichmut, dafür innere Ruhe. Umsonst erhält man nichts.

Wenn du einen Diener rufst, so denke, er kann dich vielleicht nicht hören, und wenn er dich gehört hat, so ist er vielleicht nicht imstande, das zu tun, was du haben willst.
Aber das ist für jenen kein Glück, wenn es von ihm abhängt, dass du dich nicht aufgregst.

monochrom, schmal

03-09
Bei allem, was dir begegnet, gehe in dich und frage dann: Was für eine Fähigkeit hast du dem gegenüber? Siehst du zum Beispiel einen schönen Knaben oder ein schönes Mädchen, so wirst du als Kraft dagegen in dir die Selbstbeherrschung finden; tritt eine schwere Arbeit an dich heran, so wirst du als Gegenmittel die Ausdauer finden, wird eine Schmähung auf dich geschleudert, dann wirst du Langmut finden. Wenn du dich so gewöhnt hast, dann werden dich die falschen Vorstellungen nicht mehr fortreissen.

Sage nie von einer Sache: ich habe sie verloren, sondern: ich habe sie zurückgegeben. Ein Kind ist dir gestorben: du hast es zurückgegeben. Dein Weib ist dir gestorben: es ward zurückgegeben. Dein Grundstück wurde dir genommen: auch das ward nur zurückgegeben. Aber der ist doch ein Bösewicht, der es mir nahm? Was geht das dich an, durch wen es der zurückforderte, der es dir einst gab? So lange er es dir überlässt, behandle es als fremdes Gut wie ein Wanderer die Herberge.

monochrom, plural II

02-09
01-09
Verlange nicht, dass alles so geschieht, wie du es wünschest, sondern wolle, dass alles so geschieht, wie es geschehe, und es wird dir gut gehen.
Die Krankheit ist ein Hindernis des Körpers, aber nicht des Willens, falls er nicht selbst will. Eine Lähmung ist ein Hindernis des Schenkels, aber nicht des Willens. Und das sage dir bei allem, was dich trifft. Dann wirst du finden, dass es wohl für andere Dinge ein Hindernis sein kann, aber nicht für dich.

monochrom, plural

31-08
30-08
Wenn auf einer Seefahrt das Fahrzeug vor Anker geht und du aussteigst, um frisches Wasser zu holen, dann magst du wohl unterwegs noch etwas nebenher tun, etwa eine Muschel oder eine Meereszwiebel aufheben, aber deine Aufmerksamkeit muss auf das Fahrzeug gerichtet bleiben, du musst es beständig im Auge behalten, ob nicht etwa der Steuermann ruft. Und wenn er ruft, dann musst du alles andere liegen lassen, damit man dich nicht gebunden aufs Schiff wirft, wie man es mit den Schafen macht.
So ist es auch im Leben: Ist dir Weib und Kind beschert, wie dort eine Muschel oder eine Meereszwiebel, so darf das kein Hindernis bilden. Wenn aber der Steuermann ruft, dann eile zu dem Schiffe, lass alles liegen und sieh dich nicht um. Bist du aber alt geworden, so entferne dich nicht zu weit vom Schiffe, damit du nicht etwa ausbleibst, wenn da gerufen wird.

monochrom, Sonntag

29-08
Sei nicht stolz auf fremde Vorzüge. Wenn ein Pferd stolz wäre und sagen würde: Ich bin schön, so wäre das noch erträglich. Wenn du aber mit Stolz sagen würdest: ich habe ein schönes Pferd, dann bedenke, dass du nur auf einen Vorzug deines Pferdes stolz bist.
Was ist also dein eigen?
Der Gebrauch deiner Vorstellungen. Also, wenn du dich bei dem Gebrauch deiner Vorstellungen gemäß der Natur verhältst, dann magst du mit Recht stolz sein; denn dann bist du auf einen Vorzug von dir stolz,

fast monochrom, Samstag

28-07
Es verrät einen Ungebildeten, wenn man anderen Vorwürfe darüber macht, dass es einem selber schlecht geht; als ein Anfänger in der philosophischen Bildung erweist sich der, der sich selber Vorwürfe macht. Der wahrhaft Gebildete schiebt die Schuld weder auf andere noch auf sich selbst.

monochrom polyblau

27-08
Wenn du irgendetwas beginnen willst, so mache dir klar, welcher Art die Sache ist. Wenn du nun zum Beispiel baden gehst, so stelle dir vor, wie es im Badehaus zugeht: wie sie mit Wasser spritzen, wie sie sich stoßen und schimpfen und andere gar stehlen. Deshalb wirst du mit größerer Sicherheit hingehen, wenn du dir von vornherein sagst: ich will baden gehen und meine Gemütsverfassung in dem Zustand erhalten, wie er naturgemäß ist. So mache es bei allen Dingen. Denn kommt wirklich etwas beim Baden vor, so kannst du dir zur Beruhigung sagen: ich bin ja doch nicht bloß des Badens hingegangen, sondern um meine Gemütsverfassung der Natur entsprechend zu erhalten, und das tue ich nicht, wenn ich mich über derlei Vorkommnisse ärgere.

Nicht die Dinge beunruhigen die Menschen, sondern ihre Meinungen über die Dinge.

So ist zum Beispiel der Tod an sich nichts Furchtbares -, sonst hätte er auch dem Sokrates furchtbar erscheinen müssen – sondern nur die Meinug, er sei schrecklich, ist das Schreckhafte.
Wenn wir also auf Schwierigkeiten stoßen, in Unruhe und Kümmernis geraten, dann wollen wir die Schuld niemals auf einen anderen schieben, sondern nur auf uns selbst, das heisst auf unsere Meinung von den Dingen.