Gedanken wie die folgenden dürfen dich nicht quälen: ich werde unberühmt mein Leben verbringen und nirgends etwas etwas gelten. Kann denn Mangel an äußeren Ehren ein Übel sein, da du doch durch einen Fremden ebensowenig ins Unglück wie in Schande gestürzt werden kannst? Hängt es etwa von dir ab, zu einem Amte zu kommen oder zur Tafel zugezogen zu werden? Durchaus nicht! Wie kann das also Unehre für dich sein? wie kannst du ein „Niemand“ sein, so du nur auf dem Gebiet, das in deiner MAcht steht, etwa bedeuten sollst; und da kannst du der BEdeutendste sein.
„Aber du hast Freunde und kannst ihnen nicht helfen?“
Ja, was nennst du denn helfen? Sie werden kein Geld von dir bekommen, du wirst ihnen nicht das römische Bürgerrecht verschaffen können. Wer hat dir denn gesagt, dass dies in deiner Macht steht und nicht anderer Leute Sache ist? Wer kann einem anderen geben, was er selbst nicht hat?
„Dann erwirb, damit auch wir etwas bekommen können.“
Gut, wenn ich mir Erwerb verschaffen kann, ohne mein gewissenhaftes, redliches, hochstrebendes Wesen einzubüßen, dann zeige mir nur den Weg, und ich will es tun. Wenn ihr aber verlangt, dass ich meine eigenen Güter aufgeben soll, damit ihr nur zu den Gütern kommt, die gar keine sind, so seht ihr doch selbst ein, wie ungerecht und unverantwortlich ihr seid.
Was wollt ihr übrigens lieber: Geld oder einen treuen, ehrlichen Freund? Trag also lieber dazu bei, dass du ein solcher bist, und verlange nicht von mir, dass ich etwas tun soll, wodurch ich gerade diese EIgenschaften verliere.
„Aber das Vaterland wird von mir keinen Nutzen haben.“
Wieder muss ich fragen: Was für einen Nutzen denn? Säulenhallen und Bäder wird es freilich nicht von dir bekommen. Aber was tut das? Es bekommt ja auch vom Schmiede keine Schuhe und vom Schuster keine Waffen! Es ist genug, wenn jeder seine Stelle ausfüllt. Wenn du nun aus einem andern Menschen einen zuverlässigen und redlichen Bürger machst, trägst du da nichts zum Nutzen des Vaterlandes bei? „Doch.“ Also dürftest auch du dem Vaterlandes nicht ohne Nutzen sein.
„Welche Stellung soll ich denn im Staatsleben einnehmen?“
Diejenige, die du ausfüllen und bei der du zugleich ein rechtschaffener und sittsamer Mensch bleiben kannst. Wenn du aber dem Vaterlande nützen willst und diese Eigenschaften verlierst, was kannst du ihm da noch nützen, wenn du nicht mehr Treu und Glauben verdienst?