letztens abends ein rumpelnder mann im zug: packt seine sachen aus, macht sich breit, atmet laut und schwer und unkontrolliert, der vierer-platz, den er einnimmt, bietet immer noch zu wenig raum – glatze, rote trainingsjacke, unangenehme gesamtausstrahlung (wohlgemerkt: ich sehe ihn kaum, da wir durch die Sitzreihe getrennt sind, dafür spüre ich seine anwesenheit, die andere zu verdrängen trachtet, umso mehr); später putzt er geräuschvoll seine lesebrille, beugt sich über ein buch, vorerst immer noch nervös, zwischendurch am smartphone dinge suchend, dann ruhiger werdend und lesend – sobald der zug an bahnhöfen anfährt, bremst er, ohne den blick vom buch abzuwenden, fast schon zärtlich sein dosenbier mit der linken hand, damit es ihm nicht vom tisch rutscht.

spaziergang, eben

der Duft hält ziemlich lange:
12 m, 13 Sekunden, noch länger?
Bratkartoffeln, die man aus Pulver anrühren kann.
Sonntagmorgen.
Ich erinnere mich noch an mein Gesicht, als ich das
erste mal in meinem Leben Kartoffelbrei zum Anrühren
gesehen habe.
Fremde Welt. Anderer Planet.
Ein Apfel verwest auf dem Schotter eines falsch verstandenen ZEN-Vorgartens.
Ein Mann (es kann nur ein Mann gewesen sein) hat ein Vogelhäuschen geschnitzt mit einem Eulen-Motiv auf der Vorderseite.
Das eine Auge ist das Loch zum Reinfliegen.
Ohne Faust durch’s Auge in die innere Sicherheit.

warum kann ich mir die geburtstage anfang januar einfach so schlecht merken? Weil ich noch nicht richtig da bin, obwohl alles schon wieder da ist und eigentlich noch nicht mal riichtig weg war? Die demütigung des neuen jahres, dass alles einfach so weitergeht, als gäbe es kein dazwischen? Und dabei fängt der januar mit einem „ja“ an – nein, nein, nein: ich will monate, die mit einem „nein“ anfangen!

(wie geht das euch, ihr januar-geborenen: schon wieder muss ich weiterleben? oder freut ihr euch, dass weihnachten endlich vorbei ist und ihr jetzt endlich wieder zum zug kommt?)

eclectic field

Hach, dachte ich, was für eine Gelegenheit, das Kino 8 1/2 zeigt den Gewinnerfilm des Ophüls-Festivals aus dem letzten Jahr. „Electric fields“ von Lisa Gertsch. Es fallen einem zwei Sachen ein. Zum einen das Diktum von Billy Wilder: Du darfst alles, nur nicht langweilen. Und zum zweiten, wie Jurys so funktionieren. Menschen, die aus welchen Gründen, zusammen in einer Jury gefangen sind, um, wie hier nach einer Woche, einen Gewinnerfilm küren zu müssen. Man kennt sich nicht, ist ein Individuum, versteht sich besser oder schlechter und muss sich auf einen Film einigen. Man fand vielleicht einen anderen Film besser, hat sich mit seinen Argumenten aber nicht durchsetzen können. Und nun ist es also das, auf was man sich einigen konnte.
Und ich finde es schon schlimm, wenn sich nach einem Film erstmal solche Gedanken aufdrängen.
Lisa Gertsch traut sich was. Kleine Episoden, die immer irgendwie im Unerwarteten enden, wobei, und das ist das Problem, dieses Unerwartete oft ein wenig belanglos daherkommt, wenig existentielle Tiefe hat, und alles in allem reichlich konstruiert wirkt. Die zweite Szene, wo eine Frau in einen Elektroladen kommt mit einer Glühlampe, die scheinbar so eine Art ewiges Licht darstellt. Sie leuchtet ohne Strom, leuchtet und leuchtet und dem Elektriker ist es unerklärlich, warum er die Lösung nicht findet. Keine Spannung drauf. Ja, sagt die Kundin. Aber sie leuchtet trotzdem. Das alles wird ins Unendliche gedehnt, so dass man sich zwischendurch bei dem Gedanken ertappt: hau doch einfach mit dem Hammer drauf! Und wie endet die Szene: Der Elektriker schlägt vor, die Lampe zu zerschlagen, und tut es, in dem er sie auf den Boden fallen lässt. Die Kundin bezahlt und nimmt die Scherben mit nachhause.
Mir ging es schon mal so mit den Erzählungen von Felicitas Hoppe. (Picknick der Friseure). Die erste Erzählung in dem Bändchen hat durchaus noch einen gewissen sprachlichen und intellektuellen Pfiff. Danach läuft aber alles wieder und wieder nach demselben Schema. Auch hier, für mein Empfinden, ohne ausreichende existentielle Tiefe.
Zwischendurch denke ich – natürlich – auch an die Filme von Roy Andersson. Auch hier unerwartete Wendungen. Absurditäten. Aber auch: die Abgründe des menschlichen Daseins. Und Bilder, die dies zu greifen vermögen.
Lisa Gertschs Film vertraut zu viel auf die ein oder andere fixe Idee oder schnelle Pointe. Man wartet und wartet. Es werden Andeutungen gemacht, die nicht eingehalten werden. Und vor allem: das alles funktioniert nicht über interessante Bilder, die sich einprägen.
Mit einer einzige Ausnahme: Der Mann, der, plötzlich, um Jahre gealtert, an der Brücke in den See steigt, unter- und nicht mehr auftaucht. Ganz langsam dramatisiert sich das Bild, der Wellengang nimmt zu, der Geräuschpegel nimmt zu, die Boote im Hintergrund werden absurd hin und her bewegt und es beschleicht einen die Ahnung, dass die Wellen und alles auch über einen selbst zusammenschlagen könnten. Das war der einzig wirklich berührende Moment des ganzen Films.
Am wirklich unnötigsten die Szene des Liebespaars, das sich in einem Hotelzimmer trifft. Keine Idee, was hier gesagt werden sollte.
Und was mich hier interessieren sollte. Ich war ja selbst früher ein glühender Verfechter der Ansicht, dass, wenn es bohrende Langeweile vermitteln soll, selbst auch bohrend langweilig inszeniert sein muss. Aber dann versehe ich wenigstens, dass es hier um das Thema bohrender Langeweile geht.
Ich denke auch an unzählige Video-Arbeiten aus dem Kunst-Bereich. Die meisten banaler Zeitdiebstahl.
Und wo ist der Film entstanden: Kunsthochschule Zürich. Bitteschön. Dankeschön.
Kann ja sein, dass die Jury gelangweilt war von unendlich konventionellen Erzählfilmen, aufwändig co-produziert von arte, ZDF etc. und dann dachte: wow, hier kommt eine neue mutige Erzählform.
Nee. Leider. Kommt sie nicht.

aus gegebenem Ablass

Gestern dieses CDU-Wahlplakat gesehen: Für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung. Und letztens das kleine mit dem Gesicht von Friedrich Merz mit dem Spruch: für ein Land, auf das wir wieder stolz sein können.
Als ob wir in einem Land lebten, in dem Recht und Ordnung schon komplett den Bach runter seien.
Habt Ihr sie noch alle? CDU = AfD light?
Aber noch schlimmer eigentlich: Spricht man damit wirklich die Menschen an? Ist es das, was insgeheim gedacht wird?
Dies, so scheint mir, steht allerdings tatsächlich zu befürchten.
Da ich mich ja nicht nur in meiner sozialen Bubbleblase bewege, sondern in meiner nebenkünstlerischen Tätigkeit auch im richtigen Leben bewegen muss, ist manches im Alltag tatsächlich nur schwer auszuhalten.
Hinter mir die unendliche Masse eines unendlich schweren Vakuums.
M’illumino d’immenso.
Vielleicht sollte man sich diese Zeilen von Guiseppe Ungaretti irgendwo ins Vorderhirn meißeln. So dass man sie im Notfall immer greifbar hat.
Robert Habeck zeigt sein Gesicht ernst neben dem Wort ZUVERSICHT.
Geht mir doch alle aus der Sonne.

20.1.25

montagmorgen 6.20 uhr auf der treppe zum bahnhof eine leere flasche mixery, 1 plastikdeckel und 1 plastik-wie-nennt-man-das-schale-schüssel-nix-von-allem-aber-doch-irgendwie, leer, verlassen, fallen- und liegengelassen, stille, zug kommt pünktlich, aber doch ein schwacher abklatsch 1 durchgemachten nacht in berlin: ganz frühe s-bahn, relativ menschenleer, samstagmorgen, voller aufrecht stehender leerer bierflaschen, keine rollend, als führe der zug extra-vosicht, als führen sie zur arbeit, all diese flaschen, als müsse man leise sein, weil gleich ihr tagwerk beginnt, sie sich wieder füllen mit irgendwas – oder einfach nur auch nachhaus, ihre vakuumme so lassen, wie sie sind.

9.1.25

zum feuer in kalifornien gibt es in der ard eine „brennpunkt“-sondersendung, so steht’s geschrieben, 2025, keiner spürt mehr irgendwas

7.1.25

montag, 16uhr47: tief, elemente-traurig, wund am eigenen schrei, taub ohne gegenwind & eckig ohne kanten

zum 24.12.24 (am 3.1.25):

große fenster in einem café. Der blick nach draußen auf eine baustelle und eine straße, die nach links ansteigt. Immer wieder fahren pkws, lkws und ominöse omnibusse den berg rauf oder den berg herunter, sehr dicht am fenster vorbei, in einer leichten linkskurve bergab, in einer leichten rechtskurve bergauf. Dazwischen immer wieder auch nichts. Was in diesem falle heißt: nur die baustelle und der große himmel.
Man sollte eine kamera aufstellen und das ganze filmen.
Und als ausstellungsbeitrag zeigen. Jedes fenster in seiner eigenen projektion.
Vielleicht auch noch die caféhaustische davor mit der blumendekoration?
Yepp. Und wieder ein bus riesengroß von rechts nach links. Von einem fenster zum anderen und dann weg.

2.1.25

2.1.25 einfälle und ausfälle – einfältig und ausfällig – abfall & abfällig 

31.12.24

31.12.24 leute sterben, der ehemalige amerikanische präsident james carter z.b., der jetzt auch ein staatsbegräbnis bekommen soll, alle bekommen sie ein staatsbegräbnis, selbst donald trump wird wohl irgendwann eins bekommen, es sei denn, er schafft es vorher noch, die usa in einen faschistischen staat zu verwandeln, dann bekommt er sogar ein mausoleum, oder sogar ein trumpolin

28.12.24

geh niemals mit leerer hand, denn sonst könntest du etwas ergreifen, eine gelegenheit zum beispiel oder eine flucht; halt dich fest an untragbaren dingen, damit du vergisst, was dich eigentlich glücklich macht

eine notiz von unterwegs vom 28.11.24

ein vielleicht 10-jähriger, kaum älter, mit auffallend extravaganter stirnfrisur, die er, im bus auf dem weg zur schule, im spiegel seines handys prüft und zurechtzupft, prüft und zurechtrückt, so will ich aussehen, so muss ich aussehen: schon jetzt ein kleines arschloch, oder schwebt doch irgendwo das gute im menschen?

jahresrückblick, heute: 14, mai 2024

eben habe ich die zukunft gesehen. Sie saß vor ihrem haus im schatten, war mindestens fünfundsiebzig jahre alt oder auch nicht und atmete durch ein mundförmiges tatoo auf ihrem linken oberarm

27.12.24

geh niemals mit leerer hand,
denn sonst könntest du etwas ergreifen,
die flucht zum beispiel
oder 1 gelegenheit
halt dich fest an untragbaren dingen
damit du vergisst,
was dich eigentlich glücklich macht

tagessätze 27.12.24 11uhr10 bis 11uhr12

du sollst nie ohne fallen gehen. Geh ohne hände, aber nie ohne fallen. Warte bis du ausrutschst und in die tiefe stürzt. Dich nicht mehr bewegen kannst, denn bewegung bringt den tod. Die krönung eines missglückten tags

25.12.24

gerade hatte ich die idee, gedichte von einem schriftsteller auswendig zu lernen, dessen namen ich mir noch nicht einmal merken kann