erster am morgen, 10.5.25 7uHr48 bis 7uHR56

ein traumrest von heute nacht: es gab eine ausstellung, wo topflappenähnlich-gehäkeltes aussagekräftig an den wänden hing, mit der aufforderung, sich den gedanken zu merken, dass dinge, sobald sie an der wand hängen, zu anderen dingen werden. ist natürlich der klassischer Duchamps, klar. aber noch nie war mir das so klar, wie in dieser traumsequenz. und dass die meisten ja einfach ihre bilder in ausstellungen hängen, ohne sich darüber klar zu sein, dass sie, wenn sie dort hängen, etwas anderes werden, als sie zuhause im atelier waren. und daran schließt sich die frage: sind es gute bilder, wenn sie bleiben, was sie zuhause waren, oder sind es nur dann gute bilder, wenn sie etwas anderes werden? was mich grade dran erinnert, dass ich bei einer ausstellung im treppenhaus des kunsthistorischen instituts mal eine sequenz von fotokopien aufgehängt habe, wo nix drauf war als die wörter G U T E B I L D E R G U T E B I L D E R G U T E B I L D E R etc. das war 1994 oder so. und dass ich das so schlecht gemacht habe, dass sie nach meiner abreise nach ultraschneller bildmontage (ich war noch im thermalbad in wiesbaden verabredet, dessen eintritt ich mir eigentlich gar nicht leisten konnte) sofort wieder von der wand fielen und von freunden, die noch bei der montage ihrer bilder waren, aufgehängt wurden, und zwar so, dass sie stabil an der wand blieben, was sie mir tage darauf erzählten, während ich zu lange im wiesbadener bleiwasser blieb und nachts kotzte und kotzte und deshalb jahrelang keinen spragel mehr aß, weil ich dachte, es käme davon.

Ist Plump jetzt der kleine böse Bruder von Plakativ? Das schwarze Schaf der Familie? Mit Plakativ kann man noch einen netten Nachmittag verbringen, mit Plump nicht unbedingt. Ich lade Euch alle ein zum Plump-Pudding. Sind die beiden überhaupt verwandt? Manche meinen dies, manche jenes. Plump betritt das Zimmer, setzt sich auf den Stuhl und betrachtet die leere Wand. Plakativ lächelt Dich an, als gäbe es was zu sehn. Ich sehne mich stattdessen und wende mich ab. Frieden und Fritten. Mein linkes Ohr hört immer schlechter.

manchmal sollte man nachsehen, ob es einen noch gibt

Drama

personen: mann und frau, souffleuse

Szene 1.

mann (zum Publikum sprechend):

Von nun an wird sich unser aller Leben ändern! Ich habe unseren Kindern unendlich Schreckliches angetan! Aber ich habe mir verziehen.

Pause.

zur Frau sprechend: Und das kann ich auch Dir nur raten.

Szene 2:

mann (zur Frau sprechend):

Von nun an wird sich unser aller Leben ändern! Ich habe unseren Kindern unendlich Schreckliches angetan!

zum publikum:

Aber ich habe mir …

souffleuse (leise): verziehen … verziehen

mann (zum publikum, laut und klar):

Verziehen!

Und das kann ich auch Euch allen nur raten.

Szene 3:

mann (zur Frau sprechend):

Von nun an wird sich unser aller Leben ändern! Ich habe unseren Kindern unendlich Schreckliches angetan!

zum publikum (laut und klar):

Aber ich habe mir verziehen.

Verziehen!

Und das kann ich auch Euch allen nur raten.

letztens abends ein rumpelnder mann im zug: packt seine sachen aus, macht sich breit, atmet laut und schwer und unkontrolliert, der vierer-platz, den er einnimmt, bietet immer noch zu wenig raum – glatze, rote trainingsjacke, unangenehme gesamtausstrahlung (wohlgemerkt: ich sehe ihn kaum, da wir durch die Sitzreihe getrennt sind, dafür spüre ich seine anwesenheit, die andere zu verdrängen trachtet, umso mehr); später putzt er geräuschvoll seine lesebrille, beugt sich über ein buch, vorerst immer noch nervös, zwischendurch am smartphone dinge suchend, dann ruhiger werdend und lesend – sobald der zug an bahnhöfen anfährt, bremst er, ohne den blick vom buch abzuwenden, fast schon zärtlich sein dosenbier mit der linken hand, damit es ihm nicht vom tisch rutscht.

heute mittag

am bahnhof: geräusche von krähe, kreissäge und kälte. wiedergefunden in einer verlorenen zeit meiner kinderheit.

spaziergang, eben

der Duft hält ziemlich lange:
12 m, 13 Sekunden, noch länger?
Bratkartoffeln, die man aus Pulver anrühren kann.
Sonntagmorgen.
Ich erinnere mich noch an mein Gesicht, als ich das
erste mal in meinem Leben Kartoffelbrei zum Anrühren
gesehen habe.
Fremde Welt. Anderer Planet.
Ein Apfel verwest auf dem Schotter eines falsch verstandenen ZEN-Vorgartens.
Ein Mann (es kann nur ein Mann gewesen sein) hat ein Vogelhäuschen geschnitzt mit einem Eulen-Motiv auf der Vorderseite.
Das eine Auge ist das Loch zum Reinfliegen.
Ohne Faust durch’s Auge in die innere Sicherheit.

notiz

ich hatte als einen wiederholbaren ausstellungstitel bereits benutzt „ich kann mich einfach nicht mehr konzentrieren“. eben beim treppaufsteigen fällt mir ein „tägliches denken“ wäre auch schön. nur mal so als notiz für mich hier.

warum kann ich mir die geburtstage anfang januar einfach so schlecht merken? Weil ich noch nicht richtig da bin, obwohl alles schon wieder da ist und eigentlich noch nicht mal riichtig weg war? Die demütigung des neuen jahres, dass alles einfach so weitergeht, als gäbe es kein dazwischen? Und dabei fängt der januar mit einem „ja“ an – nein, nein, nein: ich will monate, die mit einem „nein“ anfangen!

(wie geht das euch, ihr januar-geborenen: schon wieder muss ich weiterleben? oder freut ihr euch, dass weihnachten endlich vorbei ist und ihr jetzt endlich wieder zum zug kommt?)

noch einer (weil ich noch nie so falsch war auf dieser welt)

Hier ein Text aus instagram. Die saarländische Galerie in Berlin betextet eine Ausstellung von Darja Linder.
Und dieses herausragende Beispiel zeitgenössicher Kunsthistoriker:innen-Poesie goes like this:

Darja Linders @darjalinder figurative Malereien und Installationen sind gespickt mit visuellen Codes, die sich auf die Erfahrungswelt ihrer Generation beziehen – von Dating Apps über Fernsehserien bis hin zu Internetphänomenen. Die farbintensive und schrille Ästhetik ihrer Arbeiten spielt mit der spätkapitalistischen Sehnsucht nach Übersättigung und Überfluss. Sie wirkt jedoch als bunt schillernde Oberfläche, unter der sich häufig schmerzhafte Themen verbergen.

Es werden Fragen aufgeworfen zu Klasse, Geschlecht oder Migration. Linder beobachtet die Zusammenhänge zwischen politischen (Macht-)Strukturen und individuellen Begierden. Sie untersucht in ihren Werken, wie tief individuelle und kollektive Erfahrungen in unsere Identitäten hineinreichen.

->  Spätkapitalismus ist immer super. Damit spielen ist auch immer super. Und dass der Spätkapitalismus, wer oder was das immer ist, davon abgesehen, ob wir uns wirklich in einer spätkapitalistischen Phase bewegen (wer sagt das, wer weiß das, wer hat das nachgemessen?), geprägt ist von dieser im Text behaupteten Sehnsucht: stimmt das denn? Oder ist das einfach mal eine wohlfeile Behauptung, die sich einfach immer mal gut macht? Und unter der schillernden Oberfläche verbergen sich die schmerzhaften Themen. Ja, möglich, aber warum sieht man sie nicht, diese schmerzhaften Themen? Warum werden sie nicht thematisiert? Zarte Schale, rauer Kern? Hier wird doch arg lustig geworthülst. Und lustig vor sich hin behauptet. Aber Hauptsache auch die Oberfläche der Wörter glänzt und untendrunter kann man die ernsthaftesten Themen vermuten. Und zum letzten Absatz: geht es auch ein wenig bescheidener: Unter den Zusammenhängen zwischen Klasse, Geschlecht, Migration, politischen Machtstrukturen geht kaum noch was. Und Begierden und individuelle und kollektive Erfahrungen werden untersucht und und und und blablablupp. Hier wird nix untersucht. Und schon gar nicht systematisch und konsequent. Hier werden bunte Bilder hergestellt und das ganze ein wenig gesellschaftskritisch verbrämt. Ich gehe hier als Betrachterin nicht anders raus, als ich reingehe. Als Betrachter übrigens auch nicht.

Peter Weibel hat in einem Vortrag in Saarbrücken, 1999 war das, wenn ich mich recht erinnere, mal die steile These aufgestellt, die Malerei habe als ernstzunehmendes künstlerisches Medium so um 1930 herum aufgehört, wesentliche Dinge zum Diskurs beizutragen. Ich finde diese Ansicht sehr interessant und bedenkenswert. Und es gab in den letzten Jahren für mich fast nur das Werk von Miriam Cahn, bei dem ich noch eine gewisse Relevanz gespürt habe. Alles andere scheint mir eher Zeitvertreib.

 

eclectic field

Hach, dachte ich, was für eine Gelegenheit, das Kino 8 1/2 zeigt den Gewinnerfilm des Ophüls-Festivals aus dem letzten Jahr. „Electric fields“ von Lisa Gertsch. Es fallen einem zwei Sachen ein. Zum einen das Diktum von Billy Wilder: Du darfst alles, nur nicht langweilen. Und zum zweiten, wie Jurys so funktionieren. Menschen, die aus welchen Gründen, zusammen in einer Jury gefangen sind, um, wie hier nach einer Woche, einen Gewinnerfilm küren zu müssen. Man kennt sich nicht, ist ein Individuum, versteht sich besser oder schlechter und muss sich auf einen Film einigen. Man fand vielleicht einen anderen Film besser, hat sich mit seinen Argumenten aber nicht durchsetzen können. Und nun ist es also das, auf was man sich einigen konnte.
Und ich finde es schon schlimm, wenn sich nach einem Film erstmal solche Gedanken aufdrängen.
Lisa Gertsch traut sich was. Kleine Episoden, die immer irgendwie im Unerwarteten enden, wobei, und das ist das Problem, dieses Unerwartete oft ein wenig belanglos daherkommt, wenig existentielle Tiefe hat, und alles in allem reichlich konstruiert wirkt. Die zweite Szene, wo eine Frau in einen Elektroladen kommt mit einer Glühlampe, die scheinbar so eine Art ewiges Licht darstellt. Sie leuchtet ohne Strom, leuchtet und leuchtet und dem Elektriker ist es unerklärlich, warum er die Lösung nicht findet. Keine Spannung drauf. Ja, sagt die Kundin. Aber sie leuchtet trotzdem. Das alles wird ins Unendliche gedehnt, so dass man sich zwischendurch bei dem Gedanken ertappt: hau doch einfach mit dem Hammer drauf! Und wie endet die Szene: Der Elektriker schlägt vor, die Lampe zu zerschlagen, und tut es, in dem er sie auf den Boden fallen lässt. Die Kundin bezahlt und nimmt die Scherben mit nachhause.
Mir ging es schon mal so mit den Erzählungen von Felicitas Hoppe. (Picknick der Friseure). Die erste Erzählung in dem Bändchen hat durchaus noch einen gewissen sprachlichen und intellektuellen Pfiff. Danach läuft aber alles wieder und wieder nach demselben Schema. Auch hier, für mein Empfinden, ohne ausreichende existentielle Tiefe.
Zwischendurch denke ich – natürlich – auch an die Filme von Roy Andersson. Auch hier unerwartete Wendungen. Absurditäten. Aber auch: die Abgründe des menschlichen Daseins. Und Bilder, die dies zu greifen vermögen.
Lisa Gertschs Film vertraut zu viel auf die ein oder andere fixe Idee oder schnelle Pointe. Man wartet und wartet. Es werden Andeutungen gemacht, die nicht eingehalten werden. Und vor allem: das alles funktioniert nicht über interessante Bilder, die sich einprägen.
Mit einer einzige Ausnahme: Der Mann, der, plötzlich, um Jahre gealtert, an der Brücke in den See steigt, unter- und nicht mehr auftaucht. Ganz langsam dramatisiert sich das Bild, der Wellengang nimmt zu, der Geräuschpegel nimmt zu, die Boote im Hintergrund werden absurd hin und her bewegt und es beschleicht einen die Ahnung, dass die Wellen und alles auch über einen selbst zusammenschlagen könnten. Das war der einzig wirklich berührende Moment des ganzen Films.
Am wirklich unnötigsten die Szene des Liebespaars, das sich in einem Hotelzimmer trifft. Keine Idee, was hier gesagt werden sollte.
Und was mich hier interessieren sollte. Ich war ja selbst früher ein glühender Verfechter der Ansicht, dass, wenn es bohrende Langeweile vermitteln soll, selbst auch bohrend langweilig inszeniert sein muss. Aber dann versehe ich wenigstens, dass es hier um das Thema bohrender Langeweile geht.
Ich denke auch an unzählige Video-Arbeiten aus dem Kunst-Bereich. Die meisten banaler Zeitdiebstahl.
Und wo ist der Film entstanden: Kunsthochschule Zürich. Bitteschön. Dankeschön.
Kann ja sein, dass die Jury gelangweilt war von unendlich konventionellen Erzählfilmen, aufwändig co-produziert von arte, ZDF etc. und dann dachte: wow, hier kommt eine neue mutige Erzählform.
Nee. Leider. Kommt sie nicht.

aus gegebenem Ablass

Gestern dieses CDU-Wahlplakat gesehen: Für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung. Und letztens das kleine mit dem Gesicht von Friedrich Merz mit dem Spruch: für ein Land, auf das wir wieder stolz sein können.
Als ob wir in einem Land lebten, in dem Recht und Ordnung schon komplett den Bach runter seien.
Habt Ihr sie noch alle? CDU = AfD light?
Aber noch schlimmer eigentlich: Spricht man damit wirklich die Menschen an? Ist es das, was insgeheim gedacht wird?
Dies, so scheint mir, steht allerdings tatsächlich zu befürchten.
Da ich mich ja nicht nur in meiner sozialen Bubbleblase bewege, sondern in meiner nebenkünstlerischen Tätigkeit auch im richtigen Leben bewegen muss, ist manches im Alltag tatsächlich nur schwer auszuhalten.
Hinter mir die unendliche Masse eines unendlich schweren Vakuums.
M’illumino d’immenso.
Vielleicht sollte man sich diese Zeilen von Guiseppe Ungaretti irgendwo ins Vorderhirn meißeln. So dass man sie im Notfall immer greifbar hat.
Robert Habeck zeigt sein Gesicht ernst neben dem Wort ZUVERSICHT.
Geht mir doch alle aus der Sonne.

9.1.25

zum feuer in kalifornien gibt es in der ard eine „brennpunkt“-sondersendung, so steht’s geschrieben, 2025, keiner spürt mehr irgendwas

7.1.25

montag, 16uhr47: tief, elemente-traurig, wund am eigenen schrei, taub ohne gegenwind & eckig ohne kanten

zum 24.12.24 (am 3.1.25):

große fenster in einem café. Der blick nach draußen auf eine baustelle und eine straße, die nach links ansteigt. Immer wieder fahren pkws, lkws und ominöse omnibusse den berg rauf oder den berg herunter, sehr dicht am fenster vorbei, in einer leichten linkskurve bergab, in einer leichten rechtskurve bergauf. Dazwischen immer wieder auch nichts. Was in diesem falle heißt: nur die baustelle und der große himmel.
Man sollte eine kamera aufstellen und das ganze filmen.
Und als ausstellungsbeitrag zeigen. Jedes fenster in seiner eigenen projektion.
Vielleicht auch noch die caféhaustische davor mit der blumendekoration?
Yepp. Und wieder ein bus riesengroß von rechts nach links. Von einem fenster zum anderen und dann weg.

2.1.25

2.1.25 einfälle und ausfälle – einfältig und ausfällig – abfall & abfällig 

31.12.24

31.12.24 leute sterben, der ehemalige amerikanische präsident james carter z.b., der jetzt auch ein staatsbegräbnis bekommen soll, alle bekommen sie ein staatsbegräbnis, selbst donald trump wird wohl irgendwann eins bekommen, es sei denn, er schafft es vorher noch, die usa in einen faschistischen staat zu verwandeln, dann bekommt er sogar ein mausoleum, oder sogar ein trumpolin

28.12.24

geh niemals mit leerer hand, denn sonst könntest du etwas ergreifen, eine gelegenheit zum beispiel oder eine flucht; halt dich fest an untragbaren dingen, damit du vergisst, was dich eigentlich glücklich macht

eine notiz von unterwegs vom 28.11.24

ein vielleicht 10-jähriger, kaum älter, mit auffallend extravaganter stirnfrisur, die er, im bus auf dem weg zur schule, im spiegel seines handys prüft und zurechtzupft, prüft und zurechtrückt, so will ich aussehen, so muss ich aussehen: schon jetzt ein kleines arschloch, oder schwebt doch irgendwo das gute im menschen?