monochrom – 500 -> TÜRPROBLEM

27-10-10

Wenn dir jemand etwas Böses antut oder dir etwas Schlimmes nachredet, dann denke daran, dass er glaubt, dass er das tun oder sagen muss. Es ist doch nicht möglich, dass er das befolgt, was du, sondern was er für richtig hält. Deshalb hat er den Schaden, wenn er unrecht hat, denn er ist es, der sich geirrt hat. Denn auch wenn jemand eine richtige Schlussfolgerung für falsch hält, so schadet das der Schlussfolegrung nichts, wohl aber dem, der sich geirrt hat. Wenn du das bedenkst, wirst du nachsichtig sein gegen einen, der dich lästert, denn du sagst dir jedesmal: es schien ihm recht so.

monochrom, ohrenschulz

22-10-10

Als Maß für den Besitz soll für jeden sein Körper dienen wie der Fuß für den Schuh. Wenn du auf diesem Standpunkt stehst, dann wirst du immer das richtige Maß einhalten; wenn du aber darüber hinausgehst, dann wirst du zuletzt unweigerlich in den Abgrund stürzen.
Es ist genau wie bei dem Schuh. Wenn du einmal das Bedürfnis des Fußes überschritten hast, so kommt erst ein vergoldeter, dann ein purpurner, dann ein gestickter Schuh. Ist einmal das Maß überschritten, dann gibt es keine Grenze mehr.

monochrom – nachschweiz

21-10-10
Wie du dich beim Gehen in acht nimmst, dass du nicht in einen Nagel trittst oder dir den Fuss verstauchst, ebenso gib acht, dass du an deiner Seele keinen Schaden leidest. Wenn wir bei jeder Tätigkeit diese Vorsicht beobachten, dann werden wir um so sicherer ans Werk gehen können.

monochrom –

19-10-10
Wenn du eine Rolle übernimmst, der du nicht gewachsen bist, dann wirst du damit wenig Ehre einlegen und hast außerdem auch die, welche du hättest ausfüllen können, versäumt.

monochrom – eiverzicht

17-10-10
Wie die beiden Sätze „es ist Tag“ und „es ist Nachts“ sich zu einem Gegensatz sehr gut verwerten lassen, zu einer Verbindung aber nicht taugen, ebenso mag es wohl für den Körper von Vorteil sein, sich das größere Stück (beim Essen) herauszunehmen; zur Wahrung der Rücksicht, die den anderen Gästen gegenüber in einer Gesellschaft geboten ist, trägt es aber nichts bei.
Wenn du also bei einem andern zu Gaste geladen bist, dann denke daran, dass man nicht bloß auf den Wert der aufgetragenen Speisen für den Körper sehen soll, sondern auch darauf, dem Gastgeber gegenüber den erforderlichen Anstand zu wahren.

monochrom – grautun

16-10-10
Wenn es dir klar geworden ist, dass du etwas tun musst, und du tust es dann, dann scheue dich niemals, dabei gesehen zu werden, auch wenn die große Menge deine Handlungsweise seltsam finden sollte. Denn wenn es unrecht ist, was du tust, dann führe die Sache überhaupt nicht aus; handelst du aber recht, was fürchtest du dich vor denen, die dich mit Unrecht schelten?

monochrom, abendblau genau wie andersblau

14-10-10
Gefährlich ist es auch, im Gespräch auf schlüpfrige Gegenstände zu kommen. Wenn einmal etwas Derartiges in deiner Gegenwart vorkommt, und es bietet sich eine passende Gelegenheit, so weise denjenigen zurecht, der so weit gegangen ist. Sonst zeige wenigstens durch dein Schweigen, dein Erröten oder durch eine finstere Miene dein Missfallen an solchem Gespräch.

Wenn du dir einen sinnlichen Genuß vorstellst, so hüte dich ebenso wie bei den anderen Vorstellungen, dich davon hinreißen zu lassen. Lass vielmehr die Sache auf dich warten und gewinne dir noch einen Aufschub ab. Dann stelle dir die beiden Zeitpunkte vor, den des Genusses und den danach, wo dich die Reue packt und du dir selber Vorwürfe machen wirst.
Und dem stelle gegenüber, wie du dich freuen und mit dir zufrieden sein wirst, wenn du dich enthalten hast.
Wenn dir aber der Zeitpunkt des Genusses gekommen scheint, dann gib Obacht, dass dich nicht das Einschmeichelnde, die Reize und das Verführerische der Lust zu Falle bringen, sondern stelle dir dageen vor, wieviel schöner das Bewusstsein für dich ist, einen solchen Sieg errungen zu haben.

monochrom, witzlos

12-10-10
Vermeide es auch, in Gesellschaft Witze zu machen, denn eine solche Gewohnheit geht leicht ins Gewöhnliche über und ist außerdem geeignet, der Achtung deiner Mitmenschen gegen dich zu mindern.

monochrom, unschweiz II

11-10-10
In Gesellschaften vermeide es, oft und unbescheiden von deinen eigenen Texten und Gefahren zu sprechen. Denn wenn es dir auch Spaß macht, deiner überstandenen Gefahren zu gedenken, so macht es doch den andern nicht denselben Spaß, das zu hören, was dir zugestoßen ist.

monochrom, unschweiz

10-10_10
Wenn du weisst, dass du mit jemandem zusammenkommen wirst, dann stelle dir, zumal wenn der Betreffende eine hohe Stellung einnimmt, vor Augen, was in diesem Falle Sokrtates oder Zeno getan hätte, und du wirst nicht in Verlegenheit sein, wie du dich dem Fremden gegenüber würdig benehmen sollst.

Willst du zu einem mächtigen Herrn gehen, dann denke: du wirst ihn nicht zu Hause treffen, man wird dich nicht vorlassen, man wird dir die Tür vor der Nase zuschlagen, er wird sich um dich gar nicht bekümmern. Musst du trotz alledem noch hingehen, dann geh, lass kommen, was kommen mag, und sprich niemals bei dir: das war der Mühe nicht wert. Das wäre niedrig und eine verkehrte Auffassung von Außendingen.

monochrom, Schweiz VI

02-10
Zu den Vorträgen gewisser Leute gehe nicht aus Laune oder ohne besonderen Gund. Wenn du aber hingehst, dann beobachte ein würdiges und wohlgesetztes Verhalten, das niemandem lästig ist.

monochrom, schweiz V

01-10
Oft Zirkusspielen beizuwohnen ist nicht nötig. Wenn es aber einmal vorkommt, dann zeige dich für niemanden besonders interessiert als für dich, das heisst, habe nur den Wunsch, dass alles so geschieht, wie es heschieht, und gönne jedem Sieger seinen Sieg. So wirst du kein Ärgernis haben. Beifallsrufe, freudiges Zuklatschen oder größere Anstrengung vermeide ganz und gar. Und wenn die Sache aus ist, sprich nicht viel über das Geschehene, überhaupt nur, sowei es zu deiner Förderung dient. Denn sonst könnte es scheinen, das Gesehene habe dir Bewunderung abgenötigt.

monnochrom, SCHWEIZ IV

30-09
Von Werken der Liebe halte dich vor der Ehe nach Kräften rein. Kostest du aber davon, son beschränke dich auf den erlaubten Genuss. Sei aber nicht denen lästig, die Gebrauch davon machen, und tadle sie nicht; und rede nicht viel davon, dass du selbst enthaltsam bist.
Wenn dir jemand hinterbringt, dass der oder jener gehässig über dich spricht, so verteidige dich nicht, sondern antworte: er wusste wohl die anderen Fehler nicht, die mir noch anhaften, sonst hätte er nicht bloß diese angeführt.

monochrom, Schweiz III

29-09
Die körperlichen Bedürfnisse befriedige nur, soweit es durchaus notwendig ist, was Essen, trinken, Kleidung, Wohnung und Dienerschaft betrifft; was aber dem äußeren Glanz und dem Luxus dient, das meide ganz.

monochrom, schweiz II

28-09
Einladungen zu Gelagen bei Andersgesinnten und Ungebildeten schlage aus. Kommt aber einmal ein solcher Anlass, dann sei deine Aufmerksamkeit gespannt, damit du nicht in das Wesen der Menge zurückfällst. Denn merke dir: hat jemand einen verkommenen Gefährten, so muss er unweigerlich mit verkommen, auch wenn er selbst unverdorben sein sollte.

monochrom, zweidunkle

24-0925-09
Für die Frömmigkeit ist die Hauptsache, richtige Vorstellungen von den Göttern zu haben: dass sie sind, dass sie die Welt gut und gerecht regieren, dass es deine BEstimmung ist, ihrem Willen dich zu fügen, dich in alles, was geschieht, zu schicken, dich gern und mit der Überzeugung zu fügen, dass es von höchster Einsicht so zum Ziel geführt wird; dann wirst du die Götter niemals tadeln, nie ihnen Vorwürfe machen, als kümmerten sie sich nicht um dich.
Aber das ist nur dann möglich, wenn du die Begriffe von Gut und Böse nicht dem entnimmst, was nicht in unserer Macht steht, sondern sie nur in dem suchst, was wirklich unser ist.
Wenn du jedoch etwas von jenem für gut oder böse hältst, dann musst du unweigerlich den Urhebern Vorwürfe machen und sie hassen, wenn du etwas nicht erreichst, was du erstrebst, oder wenn dir etwas widerfährt, was du nicht wünschest.
Denn jedem Wesen ist es angeboren, das, was ihm schädlich erscheint und was den Schaden verursacht, zu meiden und zu fliehen, dem Nützlichen aber und seinen Ursachen nachzugeben und es zu bewundern.
Es ist also unmöglich, dass einer, der sich geschädigt glaubt, sich über den Urheber des Schadens freut, ebenso wie man sich unmöglich über den Schaden selber freuen kann.
So kommt es, dass ein Vater von seinem Sohne verwünscht wird, wenn er ihn an den Dingen nicht teilnehmen lässt, die jener für Güter hält. Auch für Eteokles und Polyneikes war das der Grund zur Feindschaft, weil sie die Alleinherrschaft für ein Gut hielten. Daher kommt es, dass der Landsmann der Götter lästert, darum tut es der Seemann, darum der Kaufmann, darum alle, die Weib und Kind verdienen.
Denn Vorteil und Religion stehen miteinander in Wechselbeziehung. Wer daher sein Streben und sein Meiden in die richtige Bahn zu bringen sucht, der handelt eben dadurch auch religiös. Doch Trank- und Brandopfer darzubringen, die Erstlingsgaben nach Väterbrauch zu weihen, ziemt sich für jeden; mit reinem Herzen, nicht gedankenlos, nicht nachlässig, nicht gar zu kärglich, aber auch nicht über Vermögen soll man es tun.
Wenn du zu einem Orakel gehst, so merke dir: welches Ereignis dir bevorsteht, das weisst du freilich nicht, sondern deswegen bist du zum Wahrsager gekommen, um es zu erfahren; von welcher Art aber eine Sache ist, das wusstest du schon, als du kamst, wenn anders du ein Philosoph bist. Denn wenn es eins von den Dingen ist, die nicht in unserer Gewalt stehen, dann kann es in keinem Falle ein Gut oder ein Übel sein.
Bringe also zum Wahrsager weder Wünsche dafür noch dagegen mit; geh auch nicht mit Zittern undZagen zu ihm, sondern in der Überzeugung, dass alles, was da kommen wird, gleichgültig ist und dich nichts angeht; welcher Art es auch immer sei – es wird möglich sein, davon einen guten Gebrauch zu machen, und daran kann dich keiner hindern.
Getrost also wie guten Ratgebern nahe dich den Göttern und, wenn dir ein Rat erteilt worden ist, dann denke daran, wen du als Ratgeber genommen hast und wem du ungehorsam sein wirst, wenn du nicht hörst.
Geh aber auch nach dem Beispiel des Sokrates nur in solchen Fällen zum Orakel, wo alleine der Ausgang der Sache in Frage steht, und wo weder durch vernünftige Überlegung noch durch irgendeine Kunst die Mittel geboten sind, das klar zu erkennen, was bevorsteht.
Wenn du also einem Freunde oder dem Vaterlandes beistehen musst, dann frage nicht erst das Orakel, ob du es tun sollst. Denn wenn dir der Seher sagt, die Opferzeichen seien schlecht ausgefallen, so bedeutet das offenbar den Tod oder den Verlust eines Gliedes oder Verbannung. Aber die Vernunft fordert auch unter diesen Umständen, dem Freunde, dem Vaterlande in der Gefahr beizustehen. Wahrlich, darum richte dich nah dem größeren Seher, dem phytischen Apollo, der aus seinem Tempel den Menschen hinauwies, der seinem Freunde in Todesnot nicht zur Hilfe gekommen war.
Stelle endlich für dein Wesen ein festes Gepräge, ein bestimmtes Ideal auf, wonach du dich richtest, wenn du mit dir allein bist oder unter Menschen gehst.
Schweige gewöhnlich, sonst sprich nur das Notwendige und das mit wenig Worten. Selten, nur wenn es die Umstände erfordern, rede, aber nicht über alltägliche Dinge, nicht über Zirkuskämpfe, Pferderennen oder Athleten, nicht übers Essen und Trinken – das sind triviale Gesprächsstoffe -, vor allem aber nicht über andere Leute, um sie zu tadeln oder zu loben oder auch nur zu vergleichen.
Wenn es dir möglich ist, so lenke durch deine Unterhaltung das Gespräch der Gesellschaft auf einen angemessenen Gegenstand. Bist du aber allein unter ganz Fremden, dann schweige.

monochrom, zweihelle

23-09122-091
Die Pflichten richten sich im allgemeinen nach den persönlichen Verhältnissen.
Jemand hat einen Vater: die Pflicht gebietet, sich um ihn zu sorgen, sich ihm in allem zu fügen, Schelte und sogar Schläge geduldig von ihm hinzunehmen.
Aber er ist ein schlechter Vater.
Hat dir denn die Natur einen guten Vater gegeben?
Nein, bloß einen Vater.
Mein Bruder handelt unrecht an mir.
Behalte nur weiter dein Verhalten ihm gegenüber bei und kümmere dich nicht darum, was er tut, sondern was du tun musst, um dein Inneres im Einklang mit der Natur zu erhalten.
Denn dir kann ein anderer nicht schaden, wenn du es nicht willst, wenn du glaubst, geschädigt zu sein.
Ebenso wirst du finden, was sich für einen Nachbar, einen Bürger, einen Feldherrn ziemt, wenn du dich nämlich gewöhnst, dein Verhältnis zu diesen Stellungen genau anzusehen.

monochrom, olympisch

21-09
Bei jeder Sache bedenke, was ihr vorangeht und was ihr folgt, dann erst gehe an die Sache selbst heran. Tust du das nicht, dann wirst du anfangs zwar wohlgemut an die Sache gehen, da du nicht bedacht hast, was noch kommen wird: dann aber, wenn sich Unannehmlichkeiten zeigen, wirst du mit Schande von ihr abfallen.
Du willst in Olympia siegen? Ich auch, bei Gott! denn das ist eine schöne Sache. Aber bedenke, was vorangehen und nachfolgen wird, und dann eben mache dich daran:
Du musst dich einer strengen Ordnung fügen, nach Vorschrift essen, musst dich aller Näschereien enthhalten, musst dich auf Kommando und zu bestimmten Stunden trainieren, bei Hitze und Kälte, darfst nicht kaltes Wasser trinken, keinen Wein, wenn es dir gerade einfällt, kurz, du musst dich dem Aufseher wie einem Arzte überantworten, musst dich beim Wettkampf auf der Erde wälzen. Es kann auch vorkommen, dass du das Handgelenk aussetzest oder den Knöchel verstauchst, dass du viel Staub schlucken musst; zuweilen wirst du sogar Schläge erhalten und – trotz alledem wirst du möglicherweise zuletzt noch besiegt.
Das alles musst du bedenken, und wenn du dann noch Lust hast, dann werde Athlet. Sonst geht es dir wie den Kindern, die bald Gladiatoren, bald Ringkampf spielen, bald Trompete blasen, dann Theater spielen. So bist auch du bald ein Ringkämpfer, bald ein Gladiator, bald ein Redner, dann einmal ein Philosoph, mit ganzer Seele aber nichts! Sondern wie ein Affe machst du alles nach, was du siehst, heute das, morgen etwas anderes, wie es dir gefällt. Denn du trittst nicht mit Überlegung an eine Sache heran, du siehst sie dir nicht von allen Seiten an, sondern folgst jedem Einfall, jeder flüchtigen Laune.
So haben zum Beispiel manche einmal einen Philosophen gesehen, haben ihn reden hören, wie etwa Euphrates redet – fürwahr, wer kann so reden wie der! – gleich wollen sie auch Philosophen sein. Mensch, zunächst überlege dir, worum es sich eigentlich handelt; dann prüfe deine natürlichen Anlagen, ob du der Sache auch gewachsen bist. Willst du ein Ring- oder Fünfkämpfer werden? Dann sieh dir deine Arme, deine Schenkel an, prüfe deine Hüften, denn der eine hat hierzu Anlage, der andere dazu.
Glaubst du etwa, dass du bei einem solchen Beruf noch weiter in derselben Weise essen und trinken kannst, dass du noch in gleicher Weise deinen Neigungen und Abneigungen folgen darfst? Du musst es ertragen können: den Schlaf zu entbehren, Strapazen zu erdulden, deine Angehörigen zu verlassen, von einem Sklaven dich verachten zu lassen, von den Leuten auf der Straße verlacht, bei jeder Gelegenheit, bei einer Ehrung, einer Beförderung, vor Gericht, überhaupt in allen Dingen übergangen zu werden. Das bedenke: ob du dafür Seelenruhe, Freiheit, innere Festigkeit eintauschen willst. Willst du das nicht, dann fange nicht erst an. Mach es nicht wie die Kinder: heut Pilosoph, morgen Zolleinnehmer, übermorgen Redner, dann einmal ein kaiserlicher Beamter – das passt nicht zusammen.
Nur eins kannst du sein, ein guter oder ein schlechter Mensch; entweder musst du deine Seele ausbilden oder deine äußere Lage, entweder deine Kunst auf das Innere verwenden oder auf das Äußere: entweder ein Philosoph oder ein Kind der Welt.