cdu – dumme kuh
Ich muss zugeben, dass ich mich bei beiden Texten ein wenig erschrocken habe. Das Land, auf das wir wieder stolz sein können. Ich bin stolz, ein … zu sein? Nein, nein, auf das Land, hör‘ doch genau hin. Und endlich wollen wir auch Recht und Ordnung wieder durchsetzen. Stimmt, wir lebten die ganze Zeit in einem der schlimmsten Schurkenstaaten überhaupt, gleich hinter Argentinien, Nord- und Südkorea, Russland und wie sie alle heißen. Endlich endlich kann ich mir demnächst wieder sicher sein, dass mich der Zug pünktlich zur Arbeit bringt, ohne dass ich am Vortag dem Schaffner ein Bakschisch zustecken muss. Der Zug nach Saarbrücken um 18Uhr40 fällt heute leider aus, Grund dafür ist eine plötzliche Erkrankung des Personals. Und die Nebenschlagzeile „Wieder nach vorn“, als wäre es unter 16 Jahren CDU-Herrschaft jemals rückwärts gegangen. Wenn es nicht so schlimm wäre, als dass die Leute es nicht tatsächlich glaubten. Das finde ich eigentlich noch entmutigender als das Ranwanzen der CDU an AfD-Themen, dass dies auf tatsächlich Strömungen in der Gesellschaft hinzuweisen scheint. Hier wird fleißig mitgeschwommen und etwaige Stromschnellen werden leichtfertig in Kauf genommen. Ziehen wir also lieber beim Schwimmen einen Helm an.
Ach ja, die Grünen. Beim Abfotografieren des Plakates las ich – Freud’sche Fehlleistung – SCHUHVERZICHT. Und schon könnte man eine Tirade lostreten im Sinne des wohlfeilen Grünen-Bashings, das ich in der Regel genauso langweilig finde wie Bahn-Bashing. Na klar, Grünes Kernthema: Verbotspartei, jetzt sollen wir also auch keine Schuhe mehr tragen und nur noch freitags Fleisch essen, um die Welt zu retten, und deshalb brauchen wir dann auch auf alle Fälle Wärmepumpen, um keine kalten Füße mehr zu kriegen usw. usf. Ich finde SCHUHVERZICHT durchaus einen lustigen Verleser. Woher grade die ZUVERSICHT kommen soll, erschlösse sich mir grade gar nicht so super.
Aber schlimm, wirklich schlimm, wird es hier. Bei der AfD. Dieses Plakat war der eigentliche Grund meiner kleinen fotografischen Radtour eben. Das finde ich so still und leise dermaßen was von top-perfide: „Ihr hattet 70 Jahre Zeit“. Ihr habt versagt. Und deshalb muss jetzt etwas Neues kommen, was mit Euren Ideen nichts zu tun hat. Perfide. Ehrlich. Beängstigend. Heil Neuwahl!
vorgetragener nachtrag
leztens hab ich mich ein wenig hinreißen lassen in der beurteilung der sinnhaftigkeit von zeitgenössischer malerei. jetzt muss ich mich ein wenig korrigieren. natürlich heißt das nicht, dass es keine aktuelle malerei mehr gibt, die nicht durchaus interessant sein kann, und dass hie und da ein einsames pinselhäschen in seiner ecke sitzt und ernstlich an der welt verzweifelt und sie verstehen will. so muss ich nach dem besuch der mannheimer kunsthalle folgendes ergänzen: vielleicht muss ich für mein empfinden anselm kiefer nennen. das ist durchaus mehr als zeitvertreib.
(und ich habe zwei bilder von ambera wellmann gesehen, einer kanandischen malerin, die mir bisher gänzlich unbekannt war, und das war auch mehr als interessant. also bitte&danke.)
noch einer (weil ich noch nie so falsch war auf dieser welt)
Hier ein Text aus instagram. Die saarländische Galerie in Berlin betextet eine Ausstellung von Darja Linder.
Und dieses herausragende Beispiel zeitgenössicher Kunsthistoriker:innen-Poesie goes like this:
Darja Linders @darjalinder figurative Malereien und Installationen sind gespickt mit visuellen Codes, die sich auf die Erfahrungswelt ihrer Generation beziehen – von Dating Apps über Fernsehserien bis hin zu Internetphänomenen. Die farbintensive und schrille Ästhetik ihrer Arbeiten spielt mit der spätkapitalistischen Sehnsucht nach Übersättigung und Überfluss. Sie wirkt jedoch als bunt schillernde Oberfläche, unter der sich häufig schmerzhafte Themen verbergen.
Es werden Fragen aufgeworfen zu Klasse, Geschlecht oder Migration. Linder beobachtet die Zusammenhänge zwischen politischen (Macht-)Strukturen und individuellen Begierden. Sie untersucht in ihren Werken, wie tief individuelle und kollektive Erfahrungen in unsere Identitäten hineinreichen.
-> Spätkapitalismus ist immer super. Damit spielen ist auch immer super. Und dass der Spätkapitalismus, wer oder was das immer ist, davon abgesehen, ob wir uns wirklich in einer spätkapitalistischen Phase bewegen (wer sagt das, wer weiß das, wer hat das nachgemessen?), geprägt ist von dieser im Text behaupteten Sehnsucht: stimmt das denn? Oder ist das einfach mal eine wohlfeile Behauptung, die sich einfach immer mal gut macht? Und unter der schillernden Oberfläche verbergen sich die schmerzhaften Themen. Ja, möglich, aber warum sieht man sie nicht, diese schmerzhaften Themen? Warum werden sie nicht thematisiert? Zarte Schale, rauer Kern? Hier wird doch arg lustig geworthülst. Und lustig vor sich hin behauptet. Aber Hauptsache auch die Oberfläche der Wörter glänzt und untendrunter kann man die ernsthaftesten Themen vermuten. Und zum letzten Absatz: geht es auch ein wenig bescheidener: Unter den Zusammenhängen zwischen Klasse, Geschlecht, Migration, politischen Machtstrukturen geht kaum noch was. Und Begierden und individuelle und kollektive Erfahrungen werden untersucht und und und und blablablupp. Hier wird nix untersucht. Und schon gar nicht systematisch und konsequent. Hier werden bunte Bilder hergestellt und das ganze ein wenig gesellschaftskritisch verbrämt. Ich gehe hier als Betrachterin nicht anders raus, als ich reingehe. Als Betrachter übrigens auch nicht.
Peter Weibel hat in einem Vortrag in Saarbrücken, 1999 war das, wenn ich mich recht erinnere, mal die steile These aufgestellt, die Malerei habe als ernstzunehmendes künstlerisches Medium so um 1930 herum aufgehört, wesentliche Dinge zum Diskurs beizutragen. Ich finde diese Ansicht sehr interessant und bedenkenswert. Und es gab in den letzten Jahren für mich fast nur das Werk von Miriam Cahn, bei dem ich noch eine gewisse Relevanz gespürt habe. Alles andere scheint mir eher Zeitvertreib.
Zeichnen und Musik
Was hat Zeichnen mit Musik zu tun?
Linien und zeichnerische Gesten sind als Ausrucksmittel Tönen und Meldiefolgen unmittelbar verwandt. Deshalb bietet es sich an, Musik zu „benutzen“, um das eigene Zeichnen zu verfeinern und zu differenzieren. Krach sieht anders aus als Bach.
Wer sich auf dieses Experiment einlässt, lernt viel über neue Ausdrucksmöglichkeiten. Auch kann es ein erster Zugang zu abstrakten Ausdrucksformen sein.
Ein verstärktes Ausdrücken über differenzierteres Verwenden von Linien kommt aber auch den gegenständlichen Zeichnerinnen und Zeichner zu gute.
Wir hören und zeichnen u.a. zu John Cage, Keith Jarrett, Nick Mason, David Bowie, Charles Ives.
Wir brauchen: Großes und kleines Papier. Zeichenmaterialien unterschiedlichster Art: Kohle, Graphit, Tusche, gerne auch farbiges Material wie Kreiden, farbige Tuschen und was es sonst noch alles gibt.
Anmeldungen sind hier möglich:
https://www.bosener-muehle.de/kurse/courses/50-zeichnen-und-musik
Klavier für Jean Dubuffet, Graphit und Ölfarbe, 1991
ein „Totentanz“ aus Viktor Ulmanns „Kaiser von Atlantis“, Klavierstück, umgesetzt als Aquarell auf schwarzem Papier
zu Pearl Jams „It’s evolution“, umgesetzt mit Tusche auf Papier, 2023
DER KAISER VON ATLANTIS
FESTIVALZEIT IST SCHÖNE ZEIT. Denn man kann dort Dinge nachholen und wiedersehen, oder erstmals sehen, die einfach nochmals auftauchen. So zum Beispiel Ralf Peters Inszenierung der Oper DER KAISER VON ATLANTIS von Viktor Ulmann. Bilder, ein kleiner Beitrag vom SR und weitere Infos können sofort und eindeutig gefunden werden, wenn auf dieses Bild geklickt wird
muss ich dazu noch was sagen? nein. 3 Aufführungen, nicht nur für alle, die es beim ersten mal verpasst haben.
retour
Auf unserer Reise ins Valle Onsernone und anschließend einem kleinen Nachklapp in die Nähe von Lahr im Schwarzwald gab es auch einen kleinen Ausflug nach Basel ins Kunstmuseum (-> Abteilung „Gegenwart“ unten am Rhein) in die Ausstellung WHEN WE SEE US.
Auch wenn Basel sich bemüht hat, sich nach knapp 20 Jahren nicht mehr erkennbar zu zeigen, was mit Sicherheit noch einige Gedanken über Erinnerung und die in ihr verankerten Gewissheiten nach sich ziehen wird (den Weg vom Badischen Bahnhof in die Stadt hatte ich wesentlich kürzer und auch anders in Erinnerung, und auch den Badischen Bahnhof selbst…), war dies doch ein interessanter Ausflug. In der Ausstellung war, neben anderen, insbesondere Roméo Mivekannin für uns eine Entdeckung. Anbei deshalb dieses kleine Interview mit ihm.
Anspieltipp
Da waren wir gestern: In der Städtischen Galerie in Karlsruhe zur Ausstellung von Leni Hoffmann.
Eine Ausstellung, die ich jedem nur ans Herz legen kann. Hier denkt jemand beim Arbeiten und arbeitet jemand beim Denken, so wie man es sich immer wünscht und wie es eigentlich auch immer sein sollte. Eine Ausstellung, aus der man anders rausgeht, als man reingegangen ist. Etwas, was nachwirken wird. Humor, Ernst, Reflexion. Geile Ideen und Umsetzungen. Das wird nachwirken. Allein schon die gedübelten und überspachtelten Bohrlöcher überall, die mitsprechen und Teil der Veranstaltung sind. Und wahrscheinlich wird es so sein, wie sie es sich wohl wünscht (und in einem Interviewfilm für Wilhelm-Hack-Museum auch ausspricht): Irgendwann wird man diese Räume wieder betreten, in anderem Kontext, ihre Interventionen und Arbeiten werden physisch nicht mehr anwesend sein, aber man wird sie in der Erinnerung wieder mitbringen. „Domodossola“ -> ein kleines Holztäfelchen in Kipplack-Ausführung mit einer kleinen Kugel aufmontiert = da lass ich jegliche Abstraktion für stehen, die ich in den letzten Jahren irgendwo gesehen habe.
Einzig nervt das Aufsichtspersonal in diesem Haus (und nicht nur uns, wie man am ausliegenden Kommentarbuch sehen kann): Verfolgung fast bis auf’s Klo. Kommt man in einen Raum, bewegt sich auch schon sofort jemand auf Dich zu. Ich bin jetzt psychisch halbwegs stabil, aber eigentlich müsste man in unseren zartfühlenden Zeiten verpflichtet sein, eine entsprechende Triggerwarnung auszuhängen: „Achtung, hier werden Ihnen die Aufseher*innen auf die Pelle rücken! Traumatisierte Personen kann das verstören!“ Stasi war gestern.
hommage
so zwischendurch
Gestern abend habe ich – par hasard – in den Münchner Kammerspielen ein Heftchen mit einem Text von A.L. Kennedy mitgenommen. Ich hatte meine Lesebrille nicht vor den Augen, es war also der allerschönste Zufall. Es geht um Hass in der Gesellschaft.
Und ich stolpere upunktapunkt über einen Satz, den ich sofort auch mit unserer Candice-Breitz-Debatte in Saarbrücken verknüpfe (wenn es denn überhaupt eine Debatte war):
„… Bevor der gemeinsame Diskurs vergiftet ist, bevor die Medien, bevor die Gerichte und Gesetze und Parlamente und alle demokratischen Mechanismen beschädigt sind, muss zuerst die Kunst versagen. Wir müssen beschädigt werden. Ich stehe hier also als Teil einer Gruppe, die versagt und Sie im Stich gelassen hat. Gleichzeitig bin ich auch Teil einer Gruppe, die immer noch helfen kann, mir selbst helfen, und helfen kann.“
Mir scheint das so erfrischend anders als dieses „für die Freiheit der Kunst!“. Damit hatte ich immer schon so meine Probleme. Die Freiheit der Menschen wäre mir lieber. „Die Kunst“, „die Literatur“, das scheinen mir so unpräzise Wischiwaschi-Begriffe. Freiheit des Denkens. Damit kann ich was anfangen. Kunst als Bollwerk zwischen Hass und friedlicher Gesellschaft. Yes. Kunst als Teil des Hasses. Hhmm…
Wir müssen zuerst beschädigt werden…
Ich gebe zu, ich habe diesen Satz noch nicht ganz durchdrungen.
Aber er arbeitet in mir mehr als der Kampf für die Freiheit der Kunst. Letzteres ist Platitüde.
JAHRBUCH 2023
DRUCKFRISCH: das neue Jahrbuch!
JETZT MIT WENIGER FEHLERN!
Was soll ich denn damit?
Tu’s zu den andern!
Nachdem im letzten Jahrbuch der Fehlerteufel nur so
gewütet hat, sollte in diesem Jahr alles besser werden.
Die Meinungen der Menschen werden aber auch immer
merkwürdiger, unkontrollierter & knabenhafter.
Kann man das sagen: „Sie haben da aber eine sehr knabenhafte Meinung?“
Wie auch immer: 2023 war ein interessantes Jahr.
Und so wurde auch hoffentlich dieses Jahrbuch ein interessantes Jahrbuch.
In diesem Jahrbuch gibt es keine Bildtitel.
Nur die Bilder. Ohne Erläuterung. Ohne Kommentare.
Sans toit ni loi.
Watt is drin?
Zeichnungen zu Ralf Peters Inszenierungen von Viktor
Ullmanns „Der Kaiser von Atlantis“ und Gustav Mahlers
„Das Lied von der Erde“. Zeichnungen zu Navid Kermanis
„Ungläubiges Staunen“. Blätter aus „gegend (vk)“.
Und natürlich: Zeichnungen von unterwegs.
Nächstes Jahr gibt es vielleicht nur noch die
Skizzenbücher. Ungeschönt und ungekürzt.
Gekonnt, aber nicht gewollt. Die Skizze als Kunstform.
Das wäre auch mal eine Idee.
Bestellbar bei mir,
oder hier: https://buchshop.bod.de/jahrbuch-2023-klaus-harth-9783758321382
(da finden sich auch noch andere Jahrbücher und vergleichbares Machwerk)
oder im regulären Buchhandel:
ISBN 9783758321382
Das Büchlein kostet übrigens präzise überschaubare 16,- €
59
heute zum ersten mal seit des ersten corona-lockdowns wieder im hallenbad in neunkirchen. zwischenzeitlich im freibad, in diesem sommer sogar ganz oft. aber die vor corona regelmäßigen hallenbad-besuche wurden heute wieder offiziell aufgenommen. war schön. 59 bahnen (25m) quasi aus dem fast nichts in knapp 40 minuten. immer so viele bahnen, wie ich alt bin. ab märz dann eine mehr. soll ja auch kein sport sein.
landeskunstding, heute: Kulturbahnhof SB
wollte ich unbedingt noch sehen. auf den dort letzten drücker quasi. und ja: da gab es durchaus sachen, wo ich froh war, es noch geschafft zu haben. über KARIN MAGARs abstrake arbeiten aus nylonstrümfen hatte ich im vorfeld schon gelesen, war aber doch sehr überrascht und beeindruckt über die farbliche frische dieser arbeiten. und auch über die formvielfalt dieses klaren, aber trotzdem nicht langweilenden ansatzes. mit dieser farbenfreude ging es schon los. die gemälde von CORDULA SUMALVICO zeigen Figuren. „Loslassen“ wäre z.bsp. ein bildtitel. hier arbeitet sich jemand an grundsätzlichen menschlichen relationen ab, vielleicht sogar an eigenen biographischen erfahrungen. nicht uninteressant. scheint derzeit auch ein beliebter bildansatz. trotzdem lässt es einen auf eine interessante art kalt. und distanziert abseits. ich erkenne eine gewisse sambolik (ausgegossene eimer), von farbskratzern unterbrochene hand-reichungen usw. usf. es bleibt aber alles ein bisschen kopflastig. KERSTIN ARNOLD im raum daneben macht ähnliches. mit viel weniger symbolik. und vor allem: mit einer, zumindest was die figuren angeht, fotorealistischen maximalperfektion. die hintergründe (farbige punkte, rechtecke etc.) sind dagegen malerisch „durchschaubarer“, einfacher angelegt. aber diese bilder lassen einen nicht kalt. was gelingt KERSTIN ARNOLD, was CORDULA SUMALVICO nicht gelingt und warum? CORDULA SUMALVICO setzt ihre figuren erkennbar gemalt in szene. mich erinnert das ein bisschen an den mittleren und späten MAX BECKMANN, dessen bilder aus diesen jahren ich auch meist nur als eine art kasperltheater wahrnehme. ich erkenne es als malerei. ich erkenne es als inszeniert. ich sehe, da will mich jemand mit symbolik überzeugen. das ist sehr „literarisch“ im sinne der gestaltwerdung von gedanken und ideen. KERSTIN ARNOLDs Fotorealismus ist kein Selbstzweck, sondern führt dazu, dass ich die figuren als menschen wahrnehme und nicht als gemaltes personal. und da sie die gesichter und haltungen präzise beschreibt und ausarbeitet, wirkt das auch glaubwürdig und überzeugend. und wenn sie dann als mensch eine figur in ihrer hand betrachtet, dann ensteht hier auch eine symbolik, die sich aber nicht billig entschlüsseln lässt. das ist, finde ich, eine sehr coole und gekonnte malerei, die auch inhaltlich vieles von dem gewollten hinter sich lässt, was in dieser landeskunstausstellung zu sehen war und ist. hier brauche ich keine beschreibung, die etwas daherdichtet, was es nun sein soll. das sehe ich von ganz allein. anders als z.b. bei diesem bett von ELODIE GRETHEN, deren Odaliske im saarlandmuseum ich ja durchaus geschätzt habe. das bett wird wie folgt betextet: „Die blaue Bettwäsche legt die Vorstellung nahe, die Künstlerin sei zugegen gewesen und gerade eben verschwunden. Das Bild verströmt eine tief melancholische Stimmung. Keine Rede mehr von Dialog, eher von Selbstbetrachtung.“ ich möchte sagen: nö, tut es nicht. es verströmt keine tiefere melancholische stimmung als das von mir morgens verlassene und ungemachte bett, wenn ich aufstehen muss, um meinem brotberuf nachzugehen. deshalb muss das ja auch extra nochmal gesagt werden. nur wo „lustige kneipe“ draufsteht, ist auch „lustige kneipe“ drin. und irgendwie peinlich finde ich auch, dass neben der schönen blauen bettwäsche an der wand ein zettel prangt mit dem roten schriftzug von möbel martin, mit dank für die spende aus dem schauraum. datt stört rein farblich. und stört auch die zutiefst melancholische stimmung. und erzeugt eine zutiefst schleimspurerisch kaptalistische stimmung. nej tack, wie der schwede (und die schwedin) zu sprechen pflegen. das video mit den nachgestellten haltungen von frauengestalten aus der kunstgeschichte erinnert dann wieder an den geist der odaliske und ist durchaus ok. vor allem immer die stelle, wo das modell scheinbar ein vor-bild betrachtet und so peu à peu seine eigene körperhaltung danach ausrichtet. aber: KERSTIN ARNOLD. Yepp!
alle meine füße sind in meinem kopf
Veranstaltungstipp
jetzt am Freitag, 18.8.23, 20 Uhr,
Evangelisches Gemeindezentrum St. Johann
Evangelisch-Kirch-Straße 27
66111 Saarbrücken
https://www.saarbruecken.de/…/saarbruecker_sommermusik
landeskunstding
Nächste Station: Saarbrücken, Saarlandmuseum, Moderne Galerie. Großer Seufzer. Muss heute Abend beim Schreiben sagen, dass ich jetzt auch noch das Interview Andrea Jahn – Cathrin Elss-Seringhaus als Ballast mit mir herumtrage. Andrea Jahn nennt am Schluss 3 Positionen, die sie als besonders empfindet. Das sind exakt 2 1/2 Positionen, die ich ganz und gar nicht als besonders empfunden habe. Über KRYSTYNA DUL hab ich mich ja schon geäußert. KLAUDIA STOLLs Zeichnungen finde ich wirklich genial und so eigen und berührend. Andrea Jahn findet aber vor allem das, was sie dann davon in ihre Videosequenzen gepackt hat, als die besondere Leistung. Gerade diese fand ich nun wieder nicht so furchtbar interessant und berührend, als nicht wirklich wichtig, um das auszudrücken, was es hier auszudrücken zu geben scheint. Und dann noch als dritte CLAIRE HANNICQ. Mais, c’est quoi ça? Ich bin dankbar für den- oder diejenige, die es mir erklärt. Ich seh da nix und spür da nix. Genauso wenig wie bei dieser merkwürdige Fukujima-Kiste von SERGE ECKER. Hier braucht es wieder Unmengen an Kunsthistoriker*innen-Poesie (-> Die Skulptur Fukuyu_2 greift Form und Gestaltung des Reaktorblocks Fukushima 2 auf. Auch hier verleiht die Vergoldung dem Objekt eine attraktive, ikonische Ausstrahlung. Die Katastrophe von 2011 mag unser Bewusstsein verändert haben, jedenfalls aber hat sie unseren Lebensumständen ihren Stempel aufgedrückt. So strahlt Fukuyu_2 buchstäblich weiter, in den Ausstellungsraum hinein verstrahlt es die Wärme seines Kerns. -> warum sieht man das nicht einfach??? Wenn ich das nicht zu lesen bekäme, sähe ich dort eine relativ nichtssagende Kiste… hmm ). Nicht schlecht fand ich schon den digital verzerrten Akt auf der Einladungskarte. Vor Ort wird dieses Bild dann auf eine Stoffbahn mit regelmäßigem Faltenwurf projiziert, was das nochmal ein wenig steigert. Odalisque von ELODIE GRETHEN. Das ist einfach, spricht tatsächlich Themen an, wenn man denn will, und ist visuell nicht doof. Wirklich in Bann ziehen kann mich dann aber die Wandzeichnung von Bettina van Haaren und Wolfgang Folmer. Das ist – für mich – tatsächlich eine Arbeit, von der Bilder und Eindrücke bleiben. Die über das, was normales Kunstgewerbe ist, hinauszugehen vermag. Und sich etwas traut. Ich muss gestehen, dass mich auch die „Zuschauer“ von NAZANIN HAFEZ angezogen haben. Gesichter sind halt etwas, was mich anzieht. Durch das Collagieren wird das natürlich gesteigert. Dazu muss man dann noch nicht mal wissen, dass es sich um Zuschauer öffentlicher Hinrichtungen im Iran handelt. Was natürlich eine andere Dimension in die Sache bringt. SHAKTI PAQUÉ: upps. Like ich nicht. So viel Aufwand für so wenig, was gesagt wird. Irre erstaunlich. CHRISTIANE DESSECKERs Wandzeichnung auf, wenn ich richtig gezählt habe: 105 Täfelchen. Die Menschen freuen sich immer, wenn sie jemand an Platons Höhlengleichnis erinnert. Natürlich funktioniert das. Man freut sich auch, dass hier mal etwas klar gestaltet ist, ohne dass es mit allzuviel Hirngeschwurbst belastet ist. Und das ist ja auch schon mal was. Da setzt man sich dann hin (Danke für die Bänke) und freut sich. Mir drängte sich der Vergleich nicht auf, wohl aber meiner Begleiterin: Ist aber JULIA BAURs Arbeit in Merzig nicht mutiger? Interessanter Gedanke, fand ich. Und „mutiger“ ist ein interessanter Aspekt: Mit diesen nur angedeuteten Szenerien ist CHRISTIANE DESSECKER natürlich weniger angreifbar als JULIA mit ihren klaren Pflanzenformen. Wer hat schon was gegen Andeutungen, die nicht weh tun? Aber wieso zeichnet die Pflanzen? Der von CATHRIN ELSS-SERINGHAUS so hochgeschätzte GREGOR HILDEBRANDT zeigt drei hochuninteressante Bilder. Yepp: geguckt und weg. Und auch sonst. Ach nee: PAULETTE PENJE fand ich ja im Vorfeld ganz spannend. Da erschien es so, dass hier jemand ganz radikal und sehr mutig an die Grenzen dessen geht, was dann schon eine Art Bild wird oder nicht. Schmeißt sich auf’s Dach und sprüht mit Farbe um sich. Komme was da wolle. War das nicht auch die, die in der Stadtgalerie mit an die Wand gespucktem Rote-Beete-Saft gearbeitet hat? Bilder erspucken und erlecken. Nicht sauber sein? Weg vom Hochgeleckten? Und das war dann doch etwas schade: die Fotos von der Aktion auf dem Dach fand ich gut. Radikal. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und dann? Kommt man in die Ausstellung und sieht 3 große Bildschirme, wo sie sich langsam über die Kiesel auf dem Dach wälzt und Farbe sprüht. Ein Blick in den blauen Himmel mit Kondensstreifen. Bunte Steine. Räkeln und Sprühen. Aus dem radikalen Ansatz wird dann eigentlich schon wieder Kitsch. Dreckige Aktion hochglänzend aufgepimpt. Sehr sehr schade! Es stellt die Kunst in Frage, soll dann aber wieder auch den Anspruch an Hochglanzkunst erfüllen. Warum hätten es nicht auch ein oder zwei Fotos getan? Und den Rest mach die Fantasie der Betrachterin?? Das wäre mutig gewesen. „Sie stellt die Frage nach Kunst und deren Regeln, hinterfragt Entstehungsprozesse und ihre Rolle als Künstlerin.“ So die Kunsthistoriker*innen-Poesie. Vielleicht ein bisschen. Aber sie zieht nicht die formalen Konsequenzen. Das war für mich vielleicht die größte Enttäuschung. Aber ist wahrscheinlich symptomatisch für das ganze Projekt. Also Gesamtschau finde ich Neunkirchen bisher tatsächlich am überzeugendsten.
Kunst kann man auch denken als das Individuelle und Nichtangepasste. Man kann es aber auch denken als das Individuelle und Angepasste.
„Wir sind doch alle Individuen!“ – „Ich nicht!“, um den Witz des Jahrhunderts von Monty Python nochmal zu viralisieren. (Warum hat denn dieses Verb noch keiner entdeckt? „verstetigen“ gibt’s doch auch schon …)
Und über allem schweben die Besucherzahlen! (siehe auch nochmal den SZ-Artikel von heute).
gesterday auf reisen
i like deutschlandticket and deutschlandticket likes me. gestern nach völklingen. und mehr als deutschlandticket liebe ich jetzt: jahreskarte! es war überfällig. endlich reinspazieren und rausspazieren, wann und wenn man will! yes! völklingen ist der für mich derzeit spennendste kunstort im saarland. endlich. wir können hier nur lobpreisen, was man uns vor die nase legt! julian rosefeldt ist weltniveau. und „world of music-video“ war auch schon ein meilenstein – ansatz! populär und (trotzdem) mit tiefgang. dinge, die gesellschaftliche relevanz haben. bilder, die hängenbleiben. gedanken, die in dir arbeiten. das, was kunst sein kann.
nachdem ich dann endlich auch die jens harder-ausstellung nachgeholt habe (für die letztens einfach keine zeit und konzentrationsfähigkeit mehr war), konnte ich mir die muße gönnen, in voller konzentration und ganzer länger, den film (ich will gar nicht sagen: das video) PENUMBRA anzuschauen. Die verlangsamten Bilder tanzender Raver zur musik von robert schumann: szenen aus goethes faust am schluss setzen bilder, deren fasziantion sich mir noch nicht ganz erschließen. eigentlich sollte man sich da mit dem skizzenblock nochmal reinsetzen, um der sache auf die spur zu kommen. (kann ich mit meiner jahreskarte jetzt ja auch einfach mal machen 😉 ). was macht diese bildsprache aus? warum und auf welche weise benutzt rosefeldt hier film/video/geräusch/musik? wir sind voll von filmen und musik, die uns kulturell geprägt haben. es gelingt ihm, diese dinge zu benutzen, aber so zu benutzen, dass neues in unseren köpfen entsteht. und das ist interessant. bei manchen dieser bilder habe ich mich gefragt, was wäre, wenn das jetzt ein großes stück malerei wäre. unbewegt und auf großer leinwand im museum hängend? es gäbe genug interessanter bilder, die eine malerische umsetzung lohnten und auch zu guten bildern führten. nur: besser scheint es doch, wenn es sich weiterbewegt. warum? warum gucke ich mir das mehr als eine stunde lang an? obwohl es manchmal auch wirklich gnadenlos bei seiner langsamkeit bleibt?
Landeskunstding
Bisher habe ich gesehen: Neunkirchen, Merzig, Saarlouis, Saarbrücken Künstlerhaus und St. Wendel. Neunkirchen fand ich als Gesamtschau bisher am interessantesten. Die Videos muss ich mir die Tage noch in Ruhe angucken. Am meisten wirken in mir die Zeichnungen von Klaudia Stoll. Yepp. Eine eigene, lapidare und zugreifende Sprache, die sie sich da entwickelt hat. Ob es jetzt das Video dazu noch braucht? Don’t know. Ich bräuchte es nicht, es erzählt in seiner Bildkombi für mich nix wesentlich Neues und findet auch keine wirklich zupackenden Bilder. Leslie Huppert: yes. Das funktioniert. Małgorzata Sztremer zeigt eine interessant versponnene Malerei, die einen nicht langweilt und nicht kalt lässt. Jutta Schmidt hatte ich schon wieder vergessen, was kann man Schlimmeres über eine Arbeit sagen. Solche Zeitdokumentationen gab’s durchaus auch schonmal in spannend und erhellend. Darja Linder. Keine Ahnung. Muss man das gesehen haben, um weiterleben zu können? Auch nicht wirklich etwas, von dem man denkt, dass das bleibt, will heißen, bildnerisch stark genug ist, um sich in die Köpfe und Gedanken zu fressen. Vielleicht weniger bunt? Weniger durchschaubare Symbolik? Lydia Kaminskis Selbstportrait fand ich nicht schlecht. Klarer einfacher Blick. Klares einfaches Bild. Fertig. Mehr braucht es nicht. Von Katharina Krenkel Mein Highlight: Die „Pilze“. Stilisierte Zeichnungen unserer kleinen eß- und nichteßbaren Freunde. Mit Kupferdraht in kleine Skizzenblätter gearbeitet. „Sinninseln“. Ihr Gefühl für und ihr Spiel mit Sprache war mir eh immer schon très sympa. Wie gesagt: die Videos hab ich aus Zeitmangel noch nicht gesehen.
Merzig: Julia Baur. Was wäre diese Ausstellung im Museum Schloss Fellenberg ohne die Arbeiten von Julia? Nix. Es blieben die immerhin interessanten Plattenspieler von Markus Himmel. Und vielleicht die ein wenig kunstgewerblich daherkommende Klanginstallation von Peter Strickmann (das macht man halt so). (Ich bin auch nicht immer ganz frei vom Kunstgewerbe, Glashaus, Steine etc.). Aber ganz uninteressant ist es dann doch nicht. Spannender sind allerdings Strickmanns Publikationen, die im Vorraum zum Erwerb ausliegen. Das sieht irgendwie spannend aus. Völlig nichts sagen mir Stefan Zöllners manipulierte Fundstücke. Jaja, ich weiß. (was weiß ich?): Mich langweilen in der aber Regel auch Flohmärkte. Aber jetzt denkt Euch nochmal Julia weg! Man würde sich ärgern über die Anfahrt.
Saarlouis: Institut für aktuelle Kunst. Dort findet sich eine wirklich genial einfache und beeidruckende Arbeit! JOÃO FREITAS Triptychon. Taschentücher werden auf drei nebeneinander montierten Bildschirmen aus ihrer Verpackung gezogen. Nicht mehr. Und nicht weniger. Es entstehen immer wieder neue, sich veränderte Papierskulpturen. Es entsteht Musik durch das dabei erzeugte Geräusch. Und auch die Wahl von drei Bildschirmen ist auf dem Punkt, nicht nur, weil es an ein Trptychon gemahnt, sondern auch, weil es diesn Rhythmus braucht, der erst durch drei entsteht. Ein Bildschirm: keine interessanten Abwechslung. Zwei Bildschirme: der Rhythmus wahrscheinlich zu vorhersehbar.
Genial.
Die Zeichnungen von Susanne Kocks: Hhmm, knapp vorbei irgendwie. Schöne Idee mit den Schlafenden. Man klappt die Zeichnung auf und dann sieht man eine schlafende gezeichnete Person. Im Beitext wird darauf hingewiesen, dass Susannes zeichnerischer Impetus stark vom Weglassen geprägt ist. Manchmal ist weniger aber auch leer und nicht mehr. Ich versteh‘, glaube ich, die Absicht, aber mir werden z.B. die gezeichneten Personen als Personen zu wenig greifbar. Meine Begleiterin war da weniger vorsichtig: für sie waren das Oberstufen-Zeichnungen. So weit wollte ich nicht gehen.
Der Rest ist Schweigen: Bei Tobias Beckers Installation denke ich im Nachhinein an eine Kritik eines Mainzer Professors, die ich immer wieder gern zitiere: Es ist schon erstaunlich, mit wie viel Aufwand Sie wie wenig erreichen. Das ist schon ein bisschen Kunstgewixe mit gewollt tieferer Bedeutung. Viel viel Aufwand.
Barbara Herolds Videospiel. Ich hab mich echt an den Computer gehockt und den Kopfhörer aufgesetzt. Geklickt. Nothing happend. Dann hab ich auch keine Lust mehr.
Saarlouis. Museum Haus Ludwig. Außer Sigrun Olafsdottir und der Familie Ickrath bleibt nicht viel. Bei der Gelegenheit gilt es zu erwähnen (weil es hier in Saarlouis am meisten auffällt): ganz große Kunsthistoriker*innen-Poesie an allen Orten: ganz großes Blablablupp. Immer wieder schwierig, wenn da mehr intellektuell geschwurbelt wird, als die Arbeiten eigentlich halten. Wenn man, wie wir, Tage vorher in Völklingen bei Julian Rosefeldt war, dann findet man das Video mit den zertrümmerten Michael Jackson Figürchen eigentlich nur noch sterbensunsinspiriert. “ … ein Kooperationsprojekt zwischen dem rumänischen Künstler Alexandru Mihai Budeș und der deutschen Künstlerin LISA MARIE SCHMITT (D).“ So what. Ok, ok, man geht mit dem Wissen nachhause, dass in Rümänien anlässlich eine Michael Jackson Konzertes entsprechend Devotionalfiguren hergestellt wurden, in der geplanten Menge keine Abnehmer*innen fanden und die Firma folglich verendete. Sowas kann einem in dem ein oder anderen Partygespräch durchaus mal über eine bedrückende Gesprächsstille hinweghelfen. Neenee, irgendwie sagt das auch was. Ich will da nicht so gemein sein.
Saarbrücken, Künstlerhaus. Die für mich einzig überzeugende Arbeit: Johanna Schlegel „morgen kommen wir nicht wieder“. „Johanna Schlegel ist Absolventin der HBKsaar in Freier Kunst und studiert derzeit Kunst an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main. Im Rahmen des Saarart wird sie eine Serie von Kunstwerken namens „morgen kommen wir nicht wieder“ vorstellen, in denen die Künstlerin die Geschichte und das Schicksal eines aus Schlesien vertriebenen Malers, Friedrich Karopka-Branntler, nachzeichnet.
,Ausgehend von einem Landschaftsgemälde, auf das die Künstlerin wiederholt in einem Familien-Foto-Archiv stößt, begibt sie sich auf die Suche nach dem Maler. Für die Ausstellung schuf Johanna Schlegel Collagen, die sie mit Fundstücken aus Karopkas Vergangenheit und Texten zum Thema der deutschen Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg vereint.‘ “ Yepp. Dazu gibt es auch ein Buch. Das werde ich mir kaufen.
Von Birgit Thalau im Galerieraum 2 bleibt vielleicht der Kleiderbügel im Gedächtnis. Wer weiß. Ansonsten: auch irgendwie auf irgendeine Art schonmal dagewesen.
Claudia Brieskes Installation im Keller: Interessante alte Plattenspieler. Aber nachdem ich vor einigen Jahren mal eine der uninteressantesten Ausstellungen, die ich je gesehen habe, von ihr in St. Wendel erleben durfte, warte ich auf etwas, was mich emotional, menschlich, essentiell irgendwie berührt und mitreißt. Bisher Fehlanzeige.
Gestern jetzt noch in St. Wendel. Anne Haring! Ich war gespannt auf Anne Haring. Das ist cool und uncool zugleich und hat mich dann sehr überrascht, da ich bisher nur andere Arbeiten von ihr kannte. Das gehört für mich in die Kategorie: Vermisstmeinnicht.
Die Malereien von Gisela Zimmermann. Malerei halt. Farbverteilungsproblematiken. Nee, das wäre ungerecht: Farbproblematiken. Sie arbeiten mit bestimmten Pigmenten, die sich unter Lichteinwirkung im Eindruck verändern. Ich fands ganz ok, ist aber auch nicht kriegsentscheidend.
Kathrin Haaser zeigt eine Balletschuh-Installation, die ich recht beliebig fand, warum z.B. diese Form und keine andere?? Das erschließt sich mir nicht. Die Blablablupp-Poesie dazu: „… Sie dreht sich darum, die Vergänglichkeit zu bannen, die jeder künstlerischen Produktion, jedem ästhetischen Augenblick innewohnt.“ Ich finde, das ist wirkliches Blablablupp. Ich banne keine Vergänglichkeit, indem ich ein paar alte Dinge zusammenschraube. Christian Boltanski konnte das besser, aber auch ihm ist es nicht immer so ganz gelungen. Er hat die Dinge dann aber auch eher einfach geschichtet und nicht noch zu einer aufgesetzten Form verschraubt, verklebt, verzwungen.
Krystyna Dul führt angeblich mit viel Humor die Absurdität der Konstruktion von Modell-Identitäten vor. Ok, ich gebe zu, das ist nicht mein Humor. Die Fotos des jungen Mannes mit merkwürdigen Dingen im Gesicht bleiben in meinen Augen Fotos eines jungen Mannes mit merkwürdigen Dingen im Gesicht. Kann aber auch an mir liegen.
Bei all dem vielen Für- und Wider dieses Ausstellungskonzepts mit vorgegebenen Themen und der Möglichkeit, sich zu bewerben (was ich übrigens gut fand, zumindest Letzteres), bekomme ich irgendwie keine Diskussion mit. Was will diese Ausstellung mehr, als einfach nur da zu sein?
Wo sind die gesellschaftlichen Diskurse, ästhetischen Provokationen, neuen Blicken auf die Dinge? Bisher bleibt erschrecken wenig hängen.
Ok, mein alter Anspruch: Ich will anders aus ’ner Ausstellung rausgehen, als ich reingegangen bin. Ich will. dass mich die Werke bewegen, berühren, beschäftigen. Meine Sinne schärfen und Gehwege ändern. Wenn wir einen Film gesehen haben, dann ist auch die große Frage: An welche Bilder wird man sich erinnern. Ich bin auch hier gespannt.
Demnächst sind noch die Moderne Galerie fällig und die Stadtgalerie. Nach Berlin werde ich wohl kaum fahren. Auch so ein Käse. Wieso diesen Ort mit einbeziehen, der in Berlin sowieso keinem Menschen auffällt? Eh egal. Hauptsache something happens. Egal what.
Ach, bevor ich es vergesse: Da ich den Namen saar-art so bescheuert finde: heute abend auf dem Spaziergang der tröstliche Gedanke: es ginge noch bescheuerter, wenn man es beispielsweise documentsaar nennen würde. Ich verkauf die Idee gerne meistbietend ans Ministerium.