Gestern abend habe ich – par hasard – in den Münchner Kammerspielen ein Heftchen mit einem Text von A.L. Kennedy mitgenommen. Ich hatte meine Lesebrille nicht vor den Augen, es war also der allerschönste Zufall. Es geht um Hass in der Gesellschaft.
Und ich stolpere upunktapunkt über einen Satz, den ich sofort auch mit unserer Candice-Breitz-Debatte in Saarbrücken verknüpfe (wenn es denn überhaupt eine Debatte war):
„… Bevor der gemeinsame Diskurs vergiftet ist, bevor die Medien, bevor die Gerichte und Gesetze und Parlamente und alle demokratischen Mechanismen beschädigt sind, muss zuerst die Kunst versagen. Wir müssen beschädigt werden. Ich stehe hier also als Teil einer Gruppe, die versagt und Sie im Stich gelassen hat. Gleichzeitig bin ich auch Teil einer Gruppe, die immer noch helfen kann, mir selbst helfen, und helfen kann.“
Mir scheint das so erfrischend anders als dieses „für die Freiheit der Kunst!“. Damit hatte ich immer schon so meine Probleme. Die Freiheit der Menschen wäre mir lieber. „Die Kunst“, „die Literatur“, das scheinen mir so unpräzise Wischiwaschi-Begriffe. Freiheit des Denkens. Damit kann ich was anfangen. Kunst als Bollwerk zwischen Hass und friedlicher Gesellschaft. Yes. Kunst als Teil des Hasses. Hhmm…
Wir müssen zuerst beschädigt werden…
Ich gebe zu, ich habe diesen Satz noch nicht ganz durchdrungen.
Aber er arbeitet in mir mehr als der Kampf für die Freiheit der Kunst. Letzteres ist Platitüde.