Landeskunstding

Bisher habe ich gesehen: Neunkirchen, Merzig, Saarlouis, Saarbrücken Künstlerhaus und St. Wendel. Neunkirchen fand ich als Gesamtschau bisher am interessantesten. Die Videos muss ich mir die Tage noch in Ruhe angucken. Am meisten wirken in mir die Zeichnungen von Klaudia Stoll. Yepp. Eine eigene, lapidare und zugreifende Sprache, die sie sich da entwickelt hat. Ob es jetzt das Video dazu noch braucht? Don’t know. Ich bräuchte es nicht, es erzählt in seiner Bildkombi für mich nix wesentlich Neues und findet auch keine wirklich zupackenden Bilder. Leslie Huppert: yes. Das funktioniert. Małgorzata Sztremer zeigt eine interessant versponnene Malerei, die einen nicht langweilt und nicht kalt lässt. Jutta Schmidt hatte ich schon wieder vergessen, was kann man Schlimmeres über eine Arbeit sagen. Solche Zeitdokumentationen gab’s durchaus auch schonmal in spannend und erhellend. Darja Linder. Keine Ahnung. Muss man das gesehen haben, um weiterleben zu können? Auch nicht wirklich etwas, von dem man denkt, dass das bleibt, will heißen, bildnerisch stark genug ist, um sich in die Köpfe und Gedanken zu fressen. Vielleicht weniger bunt? Weniger durchschaubare Symbolik? Lydia Kaminskis Selbstportrait fand ich nicht schlecht. Klarer einfacher Blick. Klares einfaches Bild. Fertig. Mehr braucht es nicht. Von Katharina Krenkel Mein Highlight: Die „Pilze“. Stilisierte Zeichnungen unserer kleinen eß- und nichteßbaren Freunde. Mit Kupferdraht in kleine Skizzenblätter gearbeitet. „Sinninseln“. Ihr Gefühl für und ihr Spiel mit Sprache war mir eh immer schon très sympa. Wie gesagt: die Videos hab ich aus Zeitmangel noch nicht gesehen.

Merzig: Julia Baur. Was wäre diese Ausstellung im Museum Schloss Fellenberg ohne die Arbeiten von Julia? Nix. Es blieben die immerhin interessanten Plattenspieler von Markus Himmel. Und vielleicht die ein wenig kunstgewerblich daherkommende Klanginstallation von Peter Strickmann (das macht man halt so). (Ich bin auch nicht immer ganz frei vom Kunstgewerbe, Glashaus, Steine etc.). Aber ganz uninteressant ist es dann doch nicht. Spannender sind allerdings Strickmanns Publikationen, die im Vorraum zum Erwerb ausliegen. Das sieht irgendwie spannend aus. Völlig nichts sagen mir Stefan Zöllners manipulierte Fundstücke. Jaja, ich weiß. (was weiß ich?): Mich langweilen in der aber Regel auch Flohmärkte. Aber jetzt denkt Euch nochmal Julia weg! Man würde sich ärgern über die Anfahrt.

Saarlouis: Institut für aktuelle Kunst. Dort findet sich eine wirklich genial einfache und beeidruckende Arbeit! JOÃO FREITAS Triptychon. Taschentücher werden auf drei nebeneinander montierten Bildschirmen aus ihrer Verpackung gezogen. Nicht mehr. Und nicht weniger. Es entstehen immer wieder neue, sich veränderte Papierskulpturen. Es entsteht Musik durch das dabei erzeugte Geräusch. Und auch die Wahl von drei Bildschirmen ist auf dem Punkt, nicht nur, weil es an ein Trptychon gemahnt, sondern auch, weil es diesn Rhythmus braucht, der erst durch drei entsteht. Ein Bildschirm: keine interessanten Abwechslung. Zwei Bildschirme: der Rhythmus wahrscheinlich zu vorhersehbar.
Genial.
Die Zeichnungen von Susanne Kocks: Hhmm, knapp vorbei irgendwie. Schöne Idee mit den Schlafenden. Man klappt die Zeichnung auf und dann sieht man eine schlafende gezeichnete Person. Im Beitext wird darauf hingewiesen, dass Susannes zeichnerischer Impetus stark vom Weglassen geprägt ist. Manchmal ist weniger aber auch leer und nicht mehr. Ich versteh‘, glaube ich, die Absicht, aber mir werden z.B. die gezeichneten Personen als Personen zu wenig greifbar. Meine Begleiterin war da weniger vorsichtig: für sie waren das Oberstufen-Zeichnungen. So weit wollte ich nicht gehen.
Der Rest ist Schweigen: Bei Tobias Beckers Installation denke ich im Nachhinein an eine Kritik eines Mainzer Professors, die ich immer wieder gern zitiere: Es ist schon erstaunlich, mit wie viel Aufwand Sie wie wenig erreichen. Das ist schon ein bisschen Kunstgewixe mit gewollt tieferer Bedeutung. Viel viel Aufwand.
Barbara Herolds Videospiel. Ich hab mich echt an den Computer gehockt und den Kopfhörer aufgesetzt. Geklickt. Nothing happend. Dann hab ich auch keine Lust mehr.

Saarlouis. Museum Haus Ludwig. Außer Sigrun Olafsdottir und der Familie Ickrath bleibt nicht viel. Bei der Gelegenheit gilt es zu erwähnen (weil es hier in Saarlouis am meisten auffällt): ganz große Kunsthistoriker*innen-Poesie an allen Orten: ganz großes Blablablupp. Immer wieder schwierig, wenn da mehr intellektuell geschwurbelt wird, als die Arbeiten eigentlich halten. Wenn man, wie wir, Tage vorher in Völklingen bei Julian Rosefeldt war, dann findet man das Video mit den zertrümmerten Michael Jackson Figürchen eigentlich nur noch sterbensunsinspiriert.  “ … ein Kooperationsprojekt zwischen dem rumänischen Künstler Alexandru Mihai Budeș und der deutschen Künstlerin LISA MARIE SCHMITT (D).“  So what. Ok, ok, man geht mit dem Wissen nachhause, dass in Rümänien anlässlich eine Michael Jackson Konzertes entsprechend Devotionalfiguren hergestellt wurden, in der geplanten Menge keine Abnehmer*innen fanden und die Firma folglich verendete. Sowas kann einem in dem ein oder anderen Partygespräch durchaus mal über eine bedrückende Gesprächsstille hinweghelfen. Neenee, irgendwie sagt das auch was. Ich will da nicht so gemein sein.

Saarbrücken, Künstlerhaus. Die für mich einzig überzeugende Arbeit: Johanna Schlegel „morgen kommen wir nicht wieder“.  „Johanna Schlegel ist Absolventin der HBKsaar in Freier Kunst und studiert derzeit Kunst an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main. Im Rahmen des Saarart wird sie eine Serie von Kunstwerken namens „morgen kommen wir nicht wieder“ vorstellen, in denen die Künstlerin die Geschichte und das Schicksal eines aus Schlesien vertriebenen Malers, Friedrich Karopka-Branntler, nachzeichnet.
,Ausgehend von einem Landschaftsgemälde, auf das die Künstlerin wiederholt in einem Familien-Foto-Archiv stößt, begibt sie sich auf die Suche nach dem Maler. Für die Ausstellung schuf Johanna Schlegel Collagen, die sie mit Fundstücken aus Karopkas Vergangenheit und Texten zum Thema der deutschen Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg vereint.‘ “ Yepp. Dazu gibt es auch ein Buch. Das werde ich mir kaufen. 

Von Birgit Thalau im Galerieraum 2 bleibt vielleicht der Kleiderbügel im Gedächtnis. Wer weiß. Ansonsten: auch irgendwie auf irgendeine Art schonmal dagewesen.

Claudia Brieskes Installation im Keller: Interessante alte Plattenspieler. Aber nachdem ich vor einigen Jahren mal eine der uninteressantesten Ausstellungen, die ich je gesehen habe, von ihr in St. Wendel erleben durfte, warte ich auf etwas, was mich emotional, menschlich, essentiell irgendwie berührt und mitreißt. Bisher Fehlanzeige.

Gestern jetzt noch in St. Wendel. Anne Haring! Ich war gespannt auf Anne Haring. Das ist cool und uncool zugleich und hat mich dann sehr überrascht, da ich bisher nur andere Arbeiten von ihr kannte. Das gehört für mich in die Kategorie: Vermisstmeinnicht.

Die Malereien von Gisela Zimmermann. Malerei halt. Farbverteilungsproblematiken. Nee, das wäre ungerecht: Farbproblematiken. Sie arbeiten mit bestimmten Pigmenten, die sich unter Lichteinwirkung im Eindruck verändern. Ich fands ganz ok, ist aber auch nicht kriegsentscheidend.

Kathrin Haaser zeigt eine Balletschuh-Installation, die ich recht beliebig fand, warum z.B. diese Form und keine andere?? Das erschließt sich mir nicht. Die Blablablupp-Poesie dazu: „… Sie dreht sich darum, die Vergänglichkeit zu bannen, die jeder künstlerischen Produktion, jedem ästhetischen Augenblick innewohnt.“ Ich finde, das ist wirkliches Blablablupp. Ich banne keine Vergänglichkeit, indem ich ein paar alte Dinge zusammenschraube. Christian Boltanski konnte das besser, aber auch ihm ist es nicht immer so ganz gelungen. Er hat die Dinge dann aber auch eher einfach geschichtet und nicht noch zu einer aufgesetzten Form verschraubt, verklebt, verzwungen.

Krystyna Dul  führt angeblich mit viel Humor die Absurdität der Konstruktion von Modell-Identitäten vor. Ok, ich gebe zu, das ist nicht mein Humor.  Die Fotos des jungen Mannes mit merkwürdigen Dingen im Gesicht bleiben in meinen Augen Fotos eines jungen Mannes mit merkwürdigen Dingen im Gesicht. Kann aber auch an mir liegen.

Bei all dem vielen Für- und Wider dieses Ausstellungskonzepts mit vorgegebenen Themen und der Möglichkeit, sich zu bewerben (was ich übrigens gut fand, zumindest Letzteres), bekomme ich irgendwie keine Diskussion mit. Was will diese Ausstellung mehr, als einfach nur da zu sein?

Wo sind die gesellschaftlichen Diskurse, ästhetischen Provokationen, neuen Blicken auf die Dinge? Bisher bleibt erschrecken wenig hängen.

Ok, mein alter Anspruch: Ich will anders aus ’ner Ausstellung rausgehen, als ich reingegangen bin. Ich will. dass mich die Werke bewegen, berühren, beschäftigen. Meine Sinne schärfen und Gehwege ändern. Wenn wir einen Film gesehen haben, dann ist auch die große Frage: An welche Bilder wird man sich erinnern. Ich bin auch hier gespannt.

Demnächst sind noch die Moderne Galerie fällig und die Stadtgalerie. Nach Berlin werde ich wohl kaum fahren. Auch so ein Käse. Wieso diesen Ort mit einbeziehen, der in Berlin sowieso keinem Menschen auffällt? Eh egal. Hauptsache something happens. Egal what.

Ach, bevor ich es vergesse: Da ich den Namen saar-art so bescheuert finde: heute abend auf dem Spaziergang der tröstliche Gedanke: es ginge noch bescheuerter, wenn man es beispielsweise documentsaar nennen würde. Ich verkauf die Idee gerne meistbietend ans Ministerium.

 

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