lessing

Die Berliner Zeichnerin Susanne Haun hat eine schöne kleine Sonntagsdiskussion angestoßen. Finde das eine interessante Fragestellung. Deshalb hier der link! LESSING

“Nicht jeder Kunstrichter ist ein Genie, aber jedes Genie ist ein geborener Kunstrichter. Der wahre Kunstrichter folgert keine Regeln aus seinem Geschmacke, sondern hat seinen Geschmack nach den Regeln gebildet, welche die Natur der Sache fordert.”
Gotthold Ephraim Lessing

Ich denke über das Zitat nach und beginne die Diskussion.
Was sagt ihr dazu?
Das Zitat hat mit “sehen lernen” zu tun.
Nicht nur das was abgebildet oder dargestellt ist sondern auch das, was das Bild im Betrachter imaginiert.

“… nach den Regeln gebildet…” – was sind die Regeln?
Eine Regel betrifft sicher die Qualität, die es zu erkennen gilt.
Wie wird ein Bild analysiert: Form, Farbe, sozialer Kontext, Gender, Ikonografie…..

6 Antworten auf „lessing“

  1. Hallo Klaus,
    danke für den Tipp mit dem Link, es bereitet mir Freude, an Eurer Kommunikation teilhaben zu dürfen.
    Mich hat heute ein Buch gefunden. Nicole Zepter, „Kunst hassen – eine enttäuschte Liebe“. Sie schreibt: „Wer Kunst liebt, darf Kunst hassen!“
    Und es geht u.a. auch über das Thema der Kunstrichter und „was Kunst ist!“
    So schreibt die Schriftstellerin u.a.:“ Kunst wird von wenigen Einflussreichen über den Markt kanonisiert. In den Museen und Ausstellungshäusern wandeln Besucher mit vorauseilendem Gehorsam durch die Räume (ich will es wissen!), wenn sie nicht schon beim Zynismus angekommen sind, der ihnen zumindest ein Gefühl lässt: Triumph. Die Inszenierungen sind entweder Event oder müdes Understatement. Nur selten sieht man eine liebevoll, sorgfältig zusammengestellte Ausstellung. Nur selten sieht man etwas in sich geschlossenes Aufregendes. Die Institutionen haben an Glaubwürdigkeit verloren. Kunst ist heute eine festgefahrene, lauwarme Veranstaltung. Und das Absurde ist, sie behauptet, sie sei genau das Gegenteil.“
    Und bei diesen Worten fällt mir die von Dir (mit Verstand und „Liebe“) zusammen gestellte Ausstellung Deiner Schüler im alten Rathaus in Saarbrücken ein. Sie ist gut, sie ist ehrlich. Und sie wird nicht beachtet.

  2. Mir ist das Buch Ende letzten Jahres zugefallen. Ich hatte zwei Artikel dazu gelesen und das hat mich neugierig gemacht. Den Beginn fand ich sehr erfrischend, gegen Ende hat es dann für meine Begriffe etwas nachgelassen. Insgesamt hatte ich mir ein wenig mehr davon versprochen, wenn ich die Lektüre auch nicht bereut habe. Das ein oder andere spricht einem aus dem Herzen.

    …das was Du über unserer Rathhaus-Ausstellung sagst, stimmt leider. Es ist da wohl nur ein schwacher Trost, wenn ich Dir versichern kann, dass dies leider oft so ist. Einer der ersten Sprüche meines ersten Profs in Mainz, Hermann von Saalfeld, war: „Gehen Sie nicht davon aus, wenn Sie hier fertig sind und in die Welt hinaus gehen, dass da irgendjemand da draußen auf Sie und Ihre Arbeiten wartet.“ Und genauso isses.

  3. ….und welche Lehren ziehen wir daraus, nur jetzt am Beispiel der VHS- Ausstellung im Rathhaus, die ja nicht „den künstlerischen Anspruch“ (?), aber in vielen Bildern eine „Ehrlichkeit“ hat? Gilt die nix, weil keiner so schöne Reden (ich zitiere wieder aus dem Buch „Kunst hassen“) hält: „…dass innerhalb des Abstrakten eine dürre Landschaft erblüht und eine explizite Zeichensetzung die Darstellung mit allegorischen Referenzen anfüllt, die zum Beispiel auf Gewalt, eine entfremdete und emotional losgelöste Jugend, die Psychoanalyse, Träume oder die Philosophie der Frankfurter Schule (Fromm, Adorno), sowie das Unheimliche anspielt.“ Ach, diesen Satz lern ich noch auswendig. Nein, aber ich hätte von der VHS schon erwartet…. Nein. Nix erwartet! Aber vielleicht weiß jemand von der VHS, was Du machst, welche Mühe Du Dir machst? Ich sehe Deinen Kopf sich schütteln. „….gehen Sie nicht davon aus, dass,irgendjemand da draußen…. Manchmal möchte ich nur sagen: „Scha(n)de“. Das mit dem „n“ war keine Absicht!

  4. …naja, die Sache ist immer einerseits ganz einfach und andererseits recht kompliziert. Weiß irgendjemand, was wir uns da für eine Arbeit machen? Was die VHS angeht: Ja, ich denke, zumindest Jutta Zimmer weiß das. Ansonsten denke ich, interessiert’s da kaum einen. Obwohl, man soll da nicht zu pessimistisch sein: Aus der ein oder anderen Reaktion, die einem da über die Jahre zugetragen wird, hört man heraus, dass es dann doch wahrgenommen wird. Langsam malen die Mühlen und ewig tropft der Stein.
    Vielleicht darf ich an dieser Stelle, wie so oft an dieser Stelle, meinen guten und besten Freund und künstlerischen Mitstreiter Stephan Flommersfeld zitieren (einen, den wir unbedingt mal besuchen sollten), der mal sinngemäß gesagt hat: Das Wichtige an der Kunst ist das, was in dem Moment passiert, wo der Betrachter vor dem Bild steht und zwischen den beiden etwas passiert. Der einzige Moment, der zählt und um den es geht. Das würde für unseren Fall heißen: Natürlich will man, dass die Arbeiten gesehen werden, nur bekommt man es nicht immer mit. Auch wenn eine Ausstellung jetzt nicht von der breiten Masse wahrgenommen wird, auch wenn die Saarbrücker Zeitung nichts drüber schreiben mag, trotzdem kommt es immer wieder zu den oben beschriebenen Begegnungen.
    Das mag für den Einzelnen vielleicht manchmal etwas unbefriedigend sein, weil man denkt: „wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein“, aber das scheint nun einmal das Geschäft. Lentamente.
    Solche Ausstellungen (und Ausstellungen überhaupt) sind aber trotzdem wichtig, um zu sehen, wie die eigenen Arbeiten in einem anderen Kontext funktionieren. Und das ist auch schon eine ganze Menge.

  5. Hallo Klaus,
    gute Idee, Deinen künstlerischen Mitstreiter Stephan Flommersfeld zu besuchen. Ich bin ja ein „neu-gieriger“ (das mit der „Gier“ gefällt mir in dem Wort nicht) Mensch. Ich wäre dabei. Wir sollten das mal besprechen.
    Zu meinem Verständnis: Du (+ Stephan) sagen: „Das Wichtigste an der Kunst ist das, was in dem Moment passiert, wo der Betrachter vor dem Bild steht und zwischen den Beiden etwas passiert.“ Mit dem „Betrachter“ ist da wahrscheinlich und in erster Linie auch der „Erzeuger“ (das Wort gefällt mir auch in diesem Zusammenhang) des Kunstwerks gemeint? Wie mal (John Ruskin?) gesagt hat: „Wenn nichts in Dir ist, brauchst du auch nicht zu malen, was vor dir ist!“ Und wenn das, was in mir war und zum Beispiel zu einem Bild, Film, Musikstück geworden ist und MIR in dem Moment der Entstehung gefällt (oder mich erschrickt?) und ich wäre Künstler, wäre ich zunächst einmal zufrieden. Die Meinung Anderer und ehrliche Kritik bringen mich dann u.U. weiter, aber jeder, der ein Bild (oder anderes Kunstwerk) betrachtet, betrachtet es ja aus seinem eigenen Leben, Erfahrung und Wissen, das nie mit meinem übereinstimmen kann und es kann zwischen dem Betrachter und dem Kunstwerk etwas Anderes (oder garnix) passieren. Vor allen Dingen nicht, wenn er, wie es die Untersuchungen in Museen zeigen, durchschnittlich 3 Sekunden vor einem Bild stehen bleibt. Aber es ist ja der Durchschnitt – und glaube nur einer Statistik, die Du selbst gefälscht hast.

    Und zu dem Thema VHS und Ausstellung. Ich finde es sehr gut, dass die VHS diese Möglichkeit bietet. Aber ich bin Kaufmann. Daher kommt das kaufmännische durch und auch die Meinung, dass es gut gewesen wäre, wenn die VHS zumindest ihre Kunst-Kursmitglieder z.B. angemailt und auf die Ausstellung hingewiesen hätte. Aber, wie oben beschrieben. Ich akzeptiere, dass die VHS ihre Erfahrung hat, aus der sich ihr Verhalten begründet. Und wenn Du als Verantwortlicher damit zufrieden bist, ist’s doch auch o.k.

  6. Ja, ich denke, genauso sehe ich das. Da steckt so alles drin, was mir wichtig erscheint. Den Satz von Ruskin kannte ich bisher nicht (absolute Bildungslücke), finde ihn aber absolut treffend.
    Was die VHS-Ausstellung angeht: Ich würde lügen, wenn ich behauptete, ich wäre damit wirklich zufrieden. Eigentlich wurde eine kleine Vernissage „versprochen“, aber ich denke, das ist erneut an der Erkrankung von Jutta Zimmer gescheitert. Für mich wäre das alles so in Ordnung gewesen, es ist durchaus auch so in Ordnung, wie es jetzt gelaufen ist, aber den Teilnehmerinnen und Teilnehmern hätte ich etwas mehr öffentlicher Bauchpinseleien gewünscht. Ich hoffe nur, dass alle selbst sehen, wie gut sie mittlerweile sind. Ich bin jedenfalls ziemlich stolz auf das, wie sich die Einzelnen zwischeneitlich entwickelt haben…

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