blick zurück, Zeichnungen von unterwegs

Anfang November an Ende Mai denken. Wahrscheinlich weils heut‘ grade so neblig ist draußen. Und Ende Mai bei Villingen war es sonnenbrandheiß. Außerdem sichte ich grade das ganze in diesem Jahr entstandene Material für mein fünftes Jahrbuch.

Vielleicht passt auch noch eine Zeichnung aus Ralf Peters Orpheus-Bühnenbild mit dazu. Nee, passt sie nicht. Nee, passt sie doch. Nee, passt sie nicht.

1984

Der 1. November. 1984. Also heute vor 41 Jahren. Ein Herbst der Niederlagen. Nach meinem Praktikum in der Druckerei damals und der anregenden Tätigkeit dort, wo ich viel gelernt hatte, dem Erwerb meines ersten Plattenspielers, und zwei Ablehnungen für ein Studium der Kunsterziehung (für Bewerbungen um ein freies Kunststudium fehlte mir damals noch der Mut), war ich am Ende und wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Ein Herbst extremer Einsamkeiten und extrem langer abendlicher Spaziergänge von Wiebelskirchen nach Neunkirchen, teilweise bis Wellesweiler und wieder zurück, am besten mit Sturm und Gegenwind, hab ich mich am 1.11.1984 hingesetzt und nochmal neu angefangen: Mir Gegenstände vor die Nase gesetzt und versucht, sie auf eine ganz neue, ganz unbefangene Art zu sehen und zu zeichnen. In der Hoffnung, dass mich dies weiterbringe. Mich nicht niederringen zu lassen von Absagen und Ablehungen.
41 Jahre. Anfang Dezember 1984 hab ich mit dem Zivildienst begonnen. Neues Umfeld, neue Gesichter, bin ins Wohnheim des Krankenhauses gezogen. „Raus aus der Komfortzone“, wie man heute dazu sagen würde. Hab währenddessen die Initialzündung vom 1.11.84 weitergetrieben und gezeichnet und aquarelliert mit dem Ziel, mich nach dem Zivildienst nochmal um ein Kunststudium zu bewerben (kein Kunsterzieher-Studium). War dann doch nochmal ein bisschen anders. Aber das ist hier nicht so ding.
Mittlerweile hatte ich das Glück, dass ich doch in diesem Bereich ein paar schöne Dinge machen durfte.
Trotzdem kämpfe ich immer noch mit Ablehnung und Nichtbeachtung. Natürlich sind das tief sitzende persönliche Deformationen. Und natürlich sollte man sich davon frei machen.
Wenn man sein künstlerisches Tun upunkt-apunkt als eine persönliche Freiheitsbewegung versteht, nicht nur als Bewegung, diesen ganzen Quatsch, der uns umgibt, und der auch in einem selbst drin steckt, halbwegs verstehen zu können, allein um ihn auch aushalten zu können, allein um dieses Dasein irgendwie halbwegs würdevoll zu überstehen und zu Ende zu bringen, dann ist es natürlich ein wenig grotesk, wenn man von denen Anerkennung heischt, mit denen man aber im Grunde seines Herzens gar nicht spielen will.
Da bleibt also noch ein wenig zu tun auf dem Weg der Erkenntnis.
1.11.2025

Schmerzkunst

heute mittag im Radio: ein CDU-Jungpolitiker verteidigt die „Stadtbild“-Aussage von Friedrich Merz. Man müsse die Dinge doch ansprechen, meint er, nachdem er vorher ausgeführt hat, dass doch überall in den Städten mit Drogen gedealt würde und überall Gewalt herrsche. Die Leute sähen das doch, man müsse das doch ansprechen, die Beobachtungen und Befürchtungen der Menschen ernst nehmen. Und wenn man das tue, die Probleme also anspräche, dann sei das kein Rassismus.

Man fragt sich langsam wirklich, wie ungebildet denn diejenigen sind, die sich da in die Parlamente mogeln. Ist keiner in der Lage, die Begriffe auseinanderzuhalten? Nein, wenn man die Probleme anspricht, ist das nicht per se rassistisch. Die Art und Weise aber, wie man das tut, wie man Revanchismen bedient, wie man Dinge vereinfacht und verkürzt, Menschen in gemeinsame Töpfe wirft, in die sie nicht gehören, überall dort, wo Menschen subsummiert und populistisch gegeneinander ausgespielt werden: Dort ist Rassismus. So einfach ist das.
Und das ist das, was Friedrich Merz immer wieder gerne tut.

Wenn die Probleme wirklich angesprochen würden, dann wären wir doch froh. Revanchismen und Rassismen bedienen und als Ansprechen der Probleme verkaufen: Söder, Merz etc. ppp. Wenn ich es gut mit Euch meine, dann will ich Euch keine böse Absicht unterstellen. Aber eigentlich wäre es dann nur noch umso schlimmer. Denn sie wissen nicht, was sie tun? Fast ist es zu befürchten.