So, jetzt hab ich es gestern endlich mal geschafft, mir die Ausstellung meines Kollegen Armin Rohr in Neunkirchen anzugucken. Sie hat einen für mich fast unerträglich prätentiösen Titel, was, von der in den letzten Wochen nicht vorhanden Zeit mal abgesehen, mich durchaus auch davon abgehalten hatte, einfach mal in einem vorhandenen Zwischendurch vorbeizuhüpfen. Mich schreckt sowas ab. Wie wenn jemand mit dem Messer auf dem Teller kratzt. (Wobei ich den Namen „KULT“ für dieses Zentrum Neunkircher Kulturgeschehens auch nicht gerade glücklich finde). Ich verstehe, was damit gesagt werden soll, ich verstehe auch die Motivation dahinter und die Haltung, die ja durchaus begrüßenswert ist, aber in meinem Ohren klingt das zu prätentiös. Sing a song. Jetzt hat es mich dann doch sehr erfreut, dass die Bilder (bis auf ein oder zwei Ausnahmen) eben alles andere als prätentiös daherkommen. Manches kannte ich ja bereits aus dem Netz, das ein oder andere war im Zuge der Berichterstattung in der Presse zu sehen. Die Kritik von Frau Elß-Seringhaus fand ich in ihrer Argumentation furchtbar, bei der beim Betrachten ein „Kopfkino“ losratterte und sie das als die ultimative Qualität erkannt hat. Dazu habe ich aber letztens bereits abgekotzt. Man braucht hier die Originale! Was, und das soll jetzt nicht überheblich klingen, IMMER für die Bilder spricht! Was Armin hier an Differenziertheit zaubert, erschließt sich weder im Netz noch im Katalog, der mir in so fern nicht gelungen scheint. In den Abbildungen erscheint zu plump, was im Original von einer unglaublichen Intensität und Differenziertheit der Farbgebung lebt. Chapeau! In den Abbildungen fand ich das Installieren dieser weißen Figuren einen billigen Trick, Aufmerksamkeit und einfache Projektionsflächen zu erzeugen. Im Original sind aber auch diese Figuren ausdifferenziert und eben doch lebendig und nicht nur einfache Projektionsflächen. Ich musste an eine Picasso-Aussage über Marc Chagall denken, der gesagt haben soll: Ich kann mit all seinen fliegenden Menschen und Tieren nix anfangen, aber er ist der einzige, der noch weiß, was Farbe ist. Hier entsteht Tiefe und Ausdruck durch Farbgebung. Armin ist der einzige, der weiß, was Farbe sein kann. Gefällt mir am besten von allem, was ich von ihm bisher gesehen habe. Hier hat sich die letzten Jahre scheint’s enorm was erarbeitet. (Was natürlich auch kein Qualitätskriterium ist, wenn MIR was gefällt, genauso wenig wie Kopfkino, schon klar) (Aber wenn ich bei Darja Linder z.B. weiterhin nur bunte Bilder sehe, sehe ich bei Armin tatsächlich inhaltliche Tiefe und Kompetenz).
Was meine ich jetzt mit aber mit „plump“? Das Autowrack in Natur etwa. Das ist motivisch-inhaltlich natürlich schon a bisserl simpel gestrickt. Das finde ich auch weiterhin eines der weniger gelungenen Bilder. Trotzdem, dass auch hier die Differenzierung noch ein bisschen was rausreißt. Aber das ist mir gedanklich zu simpel und beleidigt einen deswegen ein bisschen. (Ich finde unsere tägliche Autokultur viel empörender als ein verlassenes Wrack im Wald). (Obwohl die schief stehenden Räder natürlich geil in Szene gesetzt sind).
Das zentral gehängte Bild mit dem Maler in der Landschaft. Natürlich müsste ich sowas mögen, weil es sich was traut, das Motiv an die absolute Kitschgrenze führt und man nicht weiß, ob sogar drüber hinweg. Eigentlich mag ich solche Grenzgänger. Aber irgendwie mag ich es dann doch nicht. Kippt bei mir auch eher in die Richtung Prätention statt Ironie. Vielleicht nimmt es sich dann doch ernster, als es vorgibt? Ach, ich bin so ironisch, will dann aber doch ernst genommen werden? Für mich knapp vorbei. Aber andere sehen das natürlich anders.
Die in der Ausstellung angebrachten Textpassagen: Ich neige ja auch dazu, zu viel zu sprechen. Wozu ist das nötig? Ich war mal in meiner Studentenzeit in einer Podiumsdiskussion zu irgendeinem malerischen Thema im Hinterhof in Wiesbaden. Ein Mitstudent, ein paar Semester älter als ich, meldete sich zu Wort und sagte: Ich male, weil ich dumm bin und nix anderes kann. Oder so ähnlich. Er fand das schlau. Betretenes Schweigen im Publikum.
Nichtsdestodings: Wer etwas über Farbe lernen will, drehe seine Füße Richtung Neunkirchen und wackele los.
Ich lasse das jetzt mal so stehen. Freue mich über all das Schöne & Positive, das Du gesehen hast!
Außer zwei Anmerkungen:
Ich ersetze „plump“ durch „plakativ“. Es geht ja in diesem Bild nicht um das Auto oder um Autos. So wie es in den „Tatortbildern“ (Der Ausdruck stammt auch nicht von mir & trifft den Kern der Sache nicht) auch nicht um Verbrechen, Mord & Totschlag geht, was viele Besucher auch gesehen & verstanden haben & das hat mich natürlich sehr gefreut.
Und aber: Auch für mich war das Ergebnis des zentralen Bildes eine Grenze, ja, eine Schmerzgrenze. Zumal es wie ein solitärer, erratischer Block neben allen anderen steht. Auch neben allem anderen, was ich bisher gemalt habe. Ich weiß sehr wohl, dass ich mich am Rande des Kitsches bewege. Dieses Bild wollte gemalt werden. Musste gemalt werden. Es ist & war, als wäre zum Zeitpunkt des Entstehens kein anderer Ausdruck, keine andere Lösung möglich gewesen. Hört sich mystisch an, aber es ist einfach passiert. Niemals zuvor war Scheitern in der Malerei für mich so gegenwärtig. Aber so ist das mit sehr persönlichen Bildern, sie sind immer eine Gratwanderung. Dabei spielt meine Haltung, ob nun ironisch oder ernst gemeint, keine Rolle für den Betrachter.
Ich bin damit auch noch nicht fertig, habe aber bis jetzt noch keine andere Lösung für mich gefunden …