Heute erhalte ich über den BBK eine Einladung, an einer Ausstellung teilzunehmen, die sich die Anschläge auf Charlie Hebdo zum Anlass nehmen will, dazu Stellung zu nehmen.
Ich bin seit diesem 7.Januar ein wenig überfordert, aber weniger durch die Anschläge selbst, sondern durch die diversen Reaktionen darauf.
Menschen, die bis eben noch nie den Namen CHARLIE HEBDO gehört haben, sind plötzlich alle höchstpersönlich Charlie.
Wer bin ich, wenn alle Charlie sind?
So sehr einem diese Anschläge betroffen machen können, ist diese Art des Mitgefühls nicht ein wenig wohlfeil?
Mainstream-Mitgefühl, das ja nix an Engagement kostet, weil es ja alle machen?
Ich hatte fast 20 Jahre lang ein Titanic-Abo. Charlie Hebdo war mir kein Begriff. Ich kannte auch keinen der dort getöteten Zeichner. Wäre es nicht jetzt ein wenig anmaßend, plötzlich so zu tun, als wäre ich ein Mitglied der Familie? Was bewirke ich, wenn ich mir jetzt die neueste Ausgabe auf dem Schwarzmarkt ergattere?
Ist das dann Anteilnahme? Oder Trophäen-Jagd? Oder kaufe ich mir damit ein Stück vom Kuchen des Guten, das ich herzeigen kann und sagen: auch ich bin ein Guter?
Warum ist keiner Donezk? Oder warum war keiner Madrid? Srebrenica? Lidice? Buchenwald?
Gibt es ein richtiges Leben im Valschen?
Kann es richtig sein, für etwas Richtiges das Falsche zu tun?
Nämlich für das Gute zum Mitläufer zu werden? Zum Mitmacher?
Ich bin nicht Charlie. Ich bin Klaus. Und als solcher trage ich Verantwortung für mein Tun und Handeln.
Und nur das trägt zu einer verantwortungsvollen und offenen Gesellschaft bei.
Keine verallgemeinernden und gedankenlosen Parolen. Auch wenn sie für das Gute stehen.
Hallo Klaus,
auch wenn ich mit Dir übereinstimme: Ich bin nicht Klaus. Aber vielleicht ein wenig. Ich bin auch ein wenig Charlie, auch wenn ich ihn nicht persönlich kenne. Ich bin auch ein Stück Buchenwald oder Madrid oder Srebrenica oder Donezk oder Madrid oder Jude oder Christ oder Moslem oder…..
Aber bietet die Kunst oder die Möglichkeit an dieser Ausstellung über Charlie Hebdo teilzunehmen nicht auch das Plateau, das, was Du geschrieben hast, in bildnerischer Art auch kritisch zu hinterfragen? Muß ich immer hundertprozentig für oder gegen sein? Gerade Dir traue ich zu, das künstlerisch zu ausdrücken zu können, was Du in Worten bereits mitgeteilt hast: bin ich/Du/wir Charlie, Griechenland, Euro, Putin, Pegida, Saargida, Bunt oder doch eher Fernsehapparat oder Zeitung oder Internet- aber alles jeweils Hundertprozent! Und vor allem: wem nutzt’s?
Und jetzt bin ich mir nicht sicher, ob ich auf den „Kommentar-senden-Knopf“ drücken soll- oder nur ein wenig? Oder warte ich lieber auf die von mir sehr gerne gelesenen und geschätzten Kommentare von Sofasophia?
Hallo Ekkehard,
schön, dass Du auf den Senden-Knopf geklickt hast. Das stimmt, das hatte ich mir auch gedacht, dass es vielleicht grade ein Anlass wäre, einen entsprechend kritischen Beitrag beizusteuern.
Mein kleiner Beitrag im blog zum Thema hat denn auch diese Einladung eher nur zum Anlass genommen, generell mein Unbehagen halbwegs mal in Worte zu fassen.
…Ich weiß auch nicht, ob ich wirklich Lust habe, mich an dieser Ausstellung zu beteiligen, selbst mit einer kritischen Äußerung, ich glaube eigentlich nein. Es ist immer gefährlich, zu einem Thema (und gerade zu so einem Thema) schnell etwas aus dem Ärmel zu zaubern, meist geht das ob seiner Bemühtheit in die Büx. Und da setzt es denn auch an: Eigentlich verstehe ich auch die Initiatorinnen nicht wirklich: Was berührt einen hier anders als andere Katastrophen, dass man sich bemüßigt fühlt, dazu eine Ausstellung zu machen? Das ist genau das, was ich nicht verstehe. Wenn der IS mal wieder einer Geisel den Kopf abgeschnitten hat, dann wird das als Nachricht wahrgenommen, aber macht jemand eine Ausstellung dazu? Geht jemand auf die Straße? Ich sehe da keinen Unterschied, warum das eine die Menschen scheinbar mehr betrifft als das andere. Ich beobachte das und finde das Phänomen interessant, aber es bleibt mir absolut nicht nachvollziehbar.