Donnerstag

Dokumentarfilm-Wettbewerb: HELMUT BERGER, MEINE MUTTER UND ICH von Valesca Peters. Dieser Film wird den Weg ins „richtige“ Kino schaffen. Und man kann nur sagen: Ansehen! 82 Minuten eines höchst feinfühlig beobachteten Portraits, das uns den 73 jährigen Helmut Berger sehr nahe bringt und menschlich greifbar macht. – Die Mutter der Regisseurin sieht Helmut Berger auf einem youtube-Video und ist so entsetzt, dass sie ihn kurzerhand zu sich nachhause auf`s Land einlädt. „Da muss man doch etwas tun. Da hat man doch eine Verpflichtung.“ Helmut Berger kommt und es entsteht tatsächlich so etwas wie eine Freundschaft. Man kann Dinge verändern, wenn man die Dinge verändern will. Und auch die Familie der Regisseurin ist dadurch auf andere Art wieder zusammengewachsen. Sehr sehr sehenswert.

 

Spielfilm-Wettbewerb: DAS LETZTE LAND.

Ein Science-Fiction-Film von Marcel Barion. Fast 2 Stunden, die man kaum bemerkt. Und hier ist, anders als gestern in ENDZEIT, das Genre klug und phantasievoll genutzt, um grundsätzliche Fragen menschlichen Wollens und Daseins zu verhandeln. Davon abgesehen, dass die Science-Fiction-typischen Sequenzen ausnahmslos ausgesprochen einfallsreich und phantasievoll umgesetzt wurden. Erfrischend klischeefern. Das fängt schon mit dem heruntergekommenen Zustand des Raumfahrzeugs an. Adem, eine der Hauptpersonen geht dann auch erstmals mit einem übergroßen Schraubenschlüssel vor, um das Schott zum Leitstand des Schiffes zu öffnen. Und auch so ein beiläufiger Satz, als Adem vermutet, das gefundene Raumfahrzeug müsse wohl ursprünglich von der Erde kommen, und sein Begleiter Novak nur meint: Die Erde sei doch etwas, was man Kindern erzählt, ein Satz, der so beiläufig eine ganze Menge an Hintergrundgeschichte verankert, ohne dies weiter ausführen zu müssen, spricht für den gedanklichen Hintergrund des Filmes. Wer bin ich, wo komme ich her und wohin soll ich? Um solche Dinge geht es hier, und das auf nicht unkluge Art und Weise.

 

Spielfilm-Wettbewerb: LYSIS.

Der Unfalltod der Mutter, den wir nicht sehen, führt dazu, dass der Vater, der seine Familie verlassen hat, als der Sohn sechs Jahre alt war, jetzt, zehn Jahre später, seinen Sohn auf eine Art Rafting-Tour in den Alpen einlädt, um wieder Kontakt zu ihm aufzubauen. Und vielleicht auch das ein oder andere wiedergutzumachen, bzw. richtig zu stellen. Der Sohn hat keinen Bock darauf, verweigert sich und stößt das Boot mitsamt der Ausrüstung den Fluss hinunter, so dass Vater und Sohn allein auf sich gestellt, ohne Proviant und Schlafsack etc. ihre Rettung aus der Wildnis versuchen müssen. Das führt natürlich zu einer Näherung zwischen den beiden, wer hätte es auch nicht vermutet? Am Ende stürzt der Sohn durch eine Unaufmerksamkeit in die Tiefe, gerade als er einem Haus, also ihrer voraussichtlichen Rettung gewahr wurde. Ob er dabei umgekommen ist oder nicht, lässt der Film offen. Kein schlechtes Thema, kein uninteressantes Experiment, vor allem bildnerisch, da fast der gesamte Film mit den Helm- und Outdoor-Kameras der Hauptdarsteller fotografiert ist. Das führt zu oft ungewohnten Kameraperspektiven. Nicht aber unbedingt zu ungewohnten Sehweisen. Aber: Wird von diesem Film etwas bleiben? Wird man sich später nochmal an Bilder erinnern, die sich eingeprägt haben? Warum hat man das Gefühl, da fehle dann doch irgendwas? Es fehlt an Dramatik. Im Frage- und Antwortspiel im Anschluss an die Vorführung sagt einer aus dem Team einen rechten Platitüdensatz bzgl. der Kameras: Wir wollten den Zuschauer mittendrin statt nur dabei. Dummerweise gelingt dem Film das aber nicht. Denn die Kamera ist nicht alles. Man stelle sich vor: die beiden haben Boot und Proviant verloren, stehen mitten im Gebirge und haben keine Ahnung wie weiter. Wieso spürt man das nicht? Keiner schreit, keiner wird vor Angst hysterisch. Wieso bleibe ich als Zuschauer genauso relaxed und cool wie die Figuren im Film? Weil alle so spielen, als ginge es um nichts. Hat man mal einen Tag lang Durst und findet kein Wasser und rennt dann der Vater alleine los, um Wasser zu finden, findet aber keins, dann ist man bei seiner Rückkehr halt einfach nicht mehr so durstig. Fertig. Der Junge kotzt ein bisschen und wird an den Beeren nicht sterben. Ich habe als Zuschauer kein einziges Mal einen Impuls entweder rauszurennen, weil ich die Situation nicht mehr ertrage, oder auf die Leinwand zu springen, um den beiden helfen zu können. Die beiden schweben in Lebensgefahr und man spürt es nicht. Da hilft auch keine Kopfkamera. (Das klingt jetzt alles schlimmer als es soll: Wir haben hier keinen schlechten Film. Aber auch keinen, der einen wirklich begeistert).

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