Parallel zur dokumenta X im Jahre 1996 veranstalteten Stephan Flommersfeld und ich im Schloßgartencafé in Darmstadt (vielen dort auch unter dem Namen SCHWARZWEISSCAFÉ bekannt) eine Ausstellung, bei der wir der damaligen Betreiberin des Cafés einmal wöchentlich einen Brief schickten, in dem sich genau sieben Arbeiten auf Papier befanden. Für jeden Tag der folgenden Woche eine. Also während der genau 100 Tage der dokumenta in Kassel genau 100 Arbeiten für unsere Parallelveranstaltung in Darmstadt.
Vorher hatten wir die Räumlichkeiten des Cafés präpariert: Ringsum hingen Leisten, an die die Arbeiten ggf. angepinnt werden konnten.
Aber nicht mussten. Das war eine der Spielregeln des Projektes: Die Inhaberin alleine entschied, was sie davon aufhängen wollte oder nicht. Darauf wollten wir keinen Einfluss nehmen.
(Da das Café von vielen Stammgästen besucht wird, wollten wir nicht einfach irgendwie Bilder ins Café hängen, das ist ja komplett uninteressant, wir wollten, dass der Besucher merkt, dass sich hier auch etwas verändert.)
In den Arbeiten nahm vor allem Stephan sehr starken Bezug zu aktuellem Zeitgeschehen. Es war der Sommer des Halley’schen Kometen, der Marssonde Pathfinder und vor allem von Lady Di und Dodi AlFayed.
Die Bildzeitung (und nicht nur sie) war voll von Bildmaterial des fröhlich badenden Paares. Und Stephan schwelgte in der bildnerischen Überhöhung von Strandszenen und Kommentaren. Alles war leicht und spannend und Caravaggio saß ständig auf einer seiner Schultern. Plötzlich gab es ein Foto von Lady Di mit ausgebreiteten Armen. Separiert, seziert und ausgedruckt befand man sich dann aber verblüffenderweise nach Isenheim katapultiert, wo einem Mathias Grünewald entgegenkam. Da war es nicht weit, das er auf seine Collage DI OR DIE textete, weil es passte und passte und passte.
Freitags kam der Brief in Darmstadt an. Sonntags war dann der Unfall.
Die taz vom Wochenende polemisiert auf ihrer TV-Seite (S. 38) gegen eine ZDF-Produktion, die den Tsunami von 2004 unter tatkräftiger Mitwirkung von Veronica Ferres in eine Lovestory umwandelt. Diese Polemik kann ja nur herzlichst unterschrieben werden. Interessant sind allerdings die Illustrationen zu diesem kleinen Texteinschub: Veronica Ferres wird durch ein Foto von Veronica Ferres illustriert. Soweit – so gut.
Und der Tsunami von 2004, der ja mit Japan soweit erstmal nix zu tun hatte – und jetzt kommt’s – durch die Abbildung von Hokusais „Großer Welle vor Kanagawa“!
Diese Ausgabe lag dann an diesem Samstag um 5 Uhr bei uns im Briefkasten.
Die können das unmöglich gewusst haben…
Ist vielleicht ein Beitrag zum „idealen Rotkehlchen“. Was können wir darüber wissen?
http://philo-tiere.blogspot.com/2011/03/zu-fledermaus-von-der-wir-nicht-wissen_14.html
Wir können nicht wissen, wie es ist, ein Rotkehlchen zu sein.
Klingt wie der Plot zu einem Verschwörungstheoriethriller im Künstlermilljö …
Ja, stimmt, ist aber genau so gewesen. Und darüber hinaus gäbe es sogar eine entsprechende Story zum 11.9. Damals hatte ich schon damit gerechnet, dass am nächsten Tag der Geheimdienst an der Türe klingelt…