unser dorf spielt kunst

man nehme einen maler in einem kleinen dorf. überall gibt es kleine dörfer und irgendwo gibt es immer einen maler. am besten nicht zu verschroben, sondern einer, der sich abbildenderweise mit dem lebens- und arbeitshorizont der eingeborenen bevölkerung auseinandersetzt. zu lebzeiten hält man ihn vielleicht für ein bisschen irgendwie, aber da er ja sachen malt, die man, und auf denen man sich vielleicht sogar selbst, wiedererkennen kann, kann er sogar manchmal die wurst mit einem bild bezahlen.
so lebt er vor sich hin und malt und eigentlich interessiert sich niemand wirklich für ihn und seine bilder.
vielleicht hat er ja auch noch einen richtigen beruf.
nun stirbt der maler irgendwann und eine menge zeit geht ins land.
und so wie man gerne dorffeste feiert und in den siebzigern all über all „unser-dorf-spielt-fußball“ turniere stattfanden, so ist auch in den köpfen der lokalpolitik langsam das wort „kultur“ in die ohren gekrabbelt und bahnt sich seinen weg in die hirne. kultur. aha. was könnte das denn sein? weiß nicht so genau, aber wenn wir hier kultur hätten, dann könnte es bestimmt auch nix schaden. hatten wir da nicht mal einen, der bilder gemalt hat, die man sich sogar ansehen kann? lebt nicht mehr und kann sich auch nicht mehr wehren. kann man also verwenden.
man sucht und findet und nicht nur der metzger hat noch ein bild im hinterstübchen versteckt.
ein großer sohn der stadt, ähem des dorfes. und auch beim bäcker hat sich das ein oder andere angesammelt.
da müsste man doch was tun?!
da kann man doch was machen, oder?
man gründet eine stiftung, findet verbündete aus den kreisen der ortsansässigen kunsthistoriker (im laufe der zeit hat immer mal wieder jemand studiert und wie praktisch, dass es da im nachbarort tatsächlich jemanden zu finden gibt).
kunsthistoriker hat tatsächlich verbindungen, beantragt und bekommt geld vom ministerium und man macht ein event.
die heimkehr des verlorenen sohnes. späte ehrenrettung einer jahrhundert-begabung.
damit das alles hand und fuß hat, denkt man sich noch ein rahmenprogramm aus, kunstpreis, musik, vorträge, gespräch mit den preisträgern.
so geht das. prima. schnell abgegriffenes geld. selbst die sich selbst für so unbestechlich haltendene ex-schwerkritikerin der landesüblichen tageszeitung lässt sich vor den karren spannen und lobt dinge, die sie sonst in der zeitung als hausfrauenmalerei zerissen hätte. leichenfledderei. da wird plötzlich jemand gerühmt, den man zu lebzeiten gar nicht bemerkt hatte. aber ein paar orte weiter gibt es sogar seit jahren bereits ein eigenes museum für einen maler, der, ortsgebürtig, in den dreißiger jahren in paris picasso mal von weitem gesehen und vielleicht sogar zugewunken hat. reputation genug.
gesammelt werden kann alles. gelobhudelt werden kann alles. aber hier wird falsches spiel getrieben, werden dinge unter einem falschen etikett verkauft. unser dorf spielt kunst. kann man machen. ist ja auch alles gar nicht so schlimm. jeder darf seinen spaß haben. nur lügt euch nicht selbst in die taschen. und verkauft uns nicht an anderer stelle was völlig anderes.

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