fülmkrütück

Am Freitagabend in der Kinowerkstatt St. Ingbert. Eigentlich war „12 years a slave“ angekündigt, den durften sie aus verleihtechnischen Gründen aber nicht zeigen…Den Ersatzfilm „All is lost“ mit Robert Redford hätte ich mir wahrscheinlich nicht unbedingt angesehen, aber als Ersatzfilm und wenn man schonmal da war und Hans-Ulrich Pönack war auch ganz euphorisch (was sonst: euphorisches Lob oder euphorische Verrisse). Nungut.
Der Film leidet an zweierlei: Erstens daran, dass er nicht komplett auf Musik verzichten kann. Er verzichtet zum Großteil auf Musik, und das ist auch wunderbar so, das was akustisch passiert, wenn die Wellen während des Sturms auf das Boot schlagen etc., ist wirklich sehr interessant und schafft eine bedrohliche Atmosphäre. Und dann spielen plötzlich mitten auf dem Meer nach einer ersten überstandenen Bedrohung plötzlich die Geigen…Und auch in einer weiteren Bedrohungssituation können sie darauf nicht verzichten. Das zerrt Dich als Betrachter sofort aus dem Geschehen und schafft einen sicheren Abstand. Und das ist schade. Das verschenkt der Film vieles der Wirkungen, die er vorher erzeugt hat.
Dasselbe passiert leider durch die zahllosen Ungereimtheiten, die man wahrscheinlich gar nicht alle aufzählen kann. Und auch das ist schade. Es geht nicht darum, dass ein Film in allen seinen Details absolut echt und der Wirklichkeit entsprechende abbilden muss. Das tut Kunst in den seltensten Fällen.
Aber: Wichtig ist eine gewisse Grundglaubwürdigkeit, die erhalten bleiben muss.
Wenn ich mich ständig frage, wieso plötzlich wieder alle Landkarten so schön trocken sind, damit er sich auf dem Ozean zurechtfinden kann, wenn ich mich fragen, wieso er nach all dem Kentern und Ungemach plötzlich eine unversehrte Lesebrille aus der Hemdtasche zieht, wo plötzlich die trockenen unversehrten Bücher herkommen, anhand derer er sich mal eben flugs das Navigieren mit dem Sextanten beibringt, dann fühle ich mich als Betrachter nicht ernst genommen.
Ein Frachtschiff, dass so dicht an ihm vorbeifährt, ohne ihn trotz Signalraketen zu sehen, finde ich noch halbwegs glaubwürdig, dass das Schiff aber kaum 20 Meter an der Rettungsinsel vorbefährt, ohne das es diese auch nur im Geringsten zum Schaukeln bringt, resp. sie nicht gleich zum Kentern bringt, das ist irgendwie nicht ganz nachvollziehbar. Schade.
Dabei hat der Film zum Teil wirklich starke Bilder, und erzielt beklemmende Wirkungen dort, wo er das Verletzliche und Bedrohte des Menschlichen zeigt. Der Topos „Haus“, hier in die Kajüte des Einhandseglers verlagert, schwankt und wankt, und die Sicherheit ist eine scheinbare. Das funktioniert gut, wird aber durch viele handwerkliche Fehler kaputt gemacht.
Eine interessante Idee für einen Film, aber einfach zu schludrig gemacht.
Und: Die amerikanische Filmindustrie sollte generell ein mehrjähriges Verbot für Filmmusik aussprechen.

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