Die Arbeiten von Amelie von Wulffen habe ich 2005 bei meinem Solo-Ausflug nach Paris, der eigentlich auch noch ein paar Worte wert wäre, eher per Zufall im Centre Pompidou gesehen, weil ich da halt eh mal wieder reingeschlappt bin, knapp 20 Jahre nach meinem Erstbesuch. Paris ist ja einfach zu weit weg. Und das fand ich interessant und habe mir das Katalögchen gekauft. Und im letzten Jahr habe ich in der taz eine Kritik ihres, soll man es Comic-Buch nennen?, jedenfalls ihres Bildergeschichten Bandes „Am kühlen Tisch“ gelesen, die mich neugierig gemacht hat. Und vorgestern habe ich es in der Buchhandlung abgeholt (noch kann man das, sogar in Neunkirchen, und sogar nicht Thalia, noch, wohlgemerkt…), was einen natürlich auch menschlich voran bringt, weil man sieht, gerade auch in den Vorwehen des Neunkircher Stadtfestes, die geballte Kraft des Neunkircher-Menschenthums kongenial versammelt, wenn Du vorher kein Misanthrop warst: hier wirst Du einer. Die in der Buchhandlung sind aber anders. Zurück zum „kühlen Tisch“: ein Trost und eine Freude, also in der Addition ein Glück in der elenden Welt. So ehrlich, direkt und ohne Rücksicht auf Verlust gezeichnet. Und so umwerfend schamlos: Einen Albraum beendet sie mit den Worten:“ICH BIN FETT UND PLEITE. WAS FÜR EIN REALISTISCH ENDENDER ALBTRAUM…“ oder gräbt mit Goya, den sie sich als Freund und Trostpflaster zeichnet ein paar Leichen aus, u.a. Heidegger, der sie um Vergebung bittet („Ach, Amelie, ich weiß nicht, was ich sagen soll“) und dann heute unerkannt als Chef Designer bei Loden Frey arbeitet. Amelie von Wulffen wäre Gott, wenn Gott nicht schon tot wäre. Aber ich als Dokumenta Chef lade sie hiermit ganz offiziell zu meiner Dokumenta ein.
PS: Und übrigens: Karthago sollte zerstört werden!
PPS: Kunsthistoriker sollten keine Kuratoren sein.
PPPS: Kunsthistoriker sind die natürlichen Feinde der Künstler.
PPPPS: Kuratorentum ist eh ein Ding von gestern (bisschen Feudalherrentum), was man daran sieht, dass es jetzt auch an Hochschulen geleert wird.
Den Comic leih ich mir bei Gelegenheit gerne mal aus. Oder gibts du mir Details (Titel etc.). Klingt saugut.
Wenn Kunsthistoriker selbst Kunst kreiieren, ist es zum Glück anders. Es gibt eben immer Ausnahmen. Eine davon kenne ich.
Ach, und wie ich dich kenne, ist der Tippfehler im zweitletzten Wort voll und ganz beabsichtigt?
Klar gibt es Ausnahmen. Man muss nur manchmal ein wenig zuspitzen, wie mit dem Bleistift. Tippfehler korrekt. Und ansonsten bring ich das Büchlein mit, wenn wir aus dem Tessin bei Dir vorbeischauen. 🙂