Dienstag, 29.11.2016, Frankfurt/Main, Schirn: Ausstellung Giacometti-Nauman.
Eigentlich eine interessante Idee, zwei so verschiedene bildhauerisch arbeitende Figuren miteinander zu konfrontieren, die auf den ersten Blick so scheinbar nichts gemeinsam haben. Doch lässt die Ausstellung einen leicht schalen Beigeschmack zurück, obwohl sie interessante Vergleiche zeigt.
Warum also der schale Beigeschmack? Die Schirn ist mittlerweile mit Abstand das Haus, in dem ich die meisten Ausstellungen gesehen habe. Und meistens geht man dort raus und hat Dinge gesehen, die man so, oder zumindest in dieser Kombination, vorher noch nie gesehen hat.
Also wäre diese Ausstellung doch prädestiniert für ein ähnliches Aha-Erlebnis.
Woran liegt es nun?
Hat man in seinem Leben einfach schon zuviel Giacometti gesehen? Sind es einfach zuwenige Exponate alles in allem, so dass man im letzten Raum automatisch denkt: huch, das war`s jetzt schon?? Oder haben wir einen Raum übersehen?? Oder hat man einfach die falsche Auswahl an Arbeiten getroffen??
Das Konzept der Ausstellung ist nicht schlecht und oft erhellen sich die Exponate gegenseitig.
Man hat das unter verschiedenen Kapitelüberschriften zu ordnen versucht (Die Leere, Figur-Raum, Theater des Absurden, Objekt der Begierde, Malerei-Prozess, Das Mass der Dinge, Körper-Fragment). Spannend finde ich es aber eher dort, wo sich ungewollt aus dem Schattenwurf von Giacomettis Nase plötzlich ein räumlicher Bezug zu Naumans Video „Angle Walk (Becketts Walk)“ ergibt. Natürlich sind auch die Bezüge zwischen Giacomettis fragmentiertem Arm und Naumans Hand nur mit Daumen oder der Hand, die auf ihren Fingern eine zweite Hand balanciert, spannend.
Oder Naumans Korridore mit ihrer extremen Enge und die Bezüge zu Giacomettis schreitenden Figuren. Wobei ich es hier schon fast wieder spannender finde, wie sich eine Aufseherin der Ausstellung entspannt von außen gegen den Korridor lehnt, und so ein ganz anderer Bezug zwischen Figur und Raum völlig beiläufig und ungewollt sichtbar wird. Oder an anderer Stelle die Winterstiefeletten einer jugendlichen Fotografin in hautengen Hosen mit den großen Füßen mancher Giacometti-Figur witzelt (und sie merkt es noch nicht einmal selbst). Oder ein älterer Herr, der sich nur noch schwer am Stock durch die Ausstellung bewegen kann, seiner Frau Nauman-Videos erklärt mit dem Satz: Da geht es um Gang-Arten! (sic). Oder eine jugendliche Zeichnerin beim Stehend-Zeichnen ihre Beine auf skulptural-absurde Weise verdreht, so dass ich aus dem Gedächtnis schon gar nicht mehr rekonstruieren kann.
Wie bewegen sich die Besucher durch diesen Raum? Wie ich mich selbst?
Alles ist Skulptur!
Wenn man sich an diesen Punkt vorgearbeitet hat, dann kann es spannend werden.
Trotzdem geht man raus und denkt: Irgendwas hat einem gefehlt zu sonst.
Für 12,- € pro Nase doch ein bisschen wenig Ausstellung und Erkenntnis, vielleicht.
Und vielleicht dann doch noch ein paar mehr zwingendere Bezüge, so dass nicht ständig sich ein böser Gedanke im Hintergrund rumtreibt, der immer wieder ausruft: Leere, Raum, Figur usw.: darum geht es IMMER in der Bildhauerei, wurscht, wen man jetzt miteinander in Beziehgung setzt.